Freitag, 1. Mai 2009

2042

mal wurde im April hier auf Stückzeit ein Bild von http://www.erik-nehring.de angezeigt - sicher eine Menge von mir selbst, weil ich beim Schreiben auch nachgucke, ob es richtig funktioniert und weil ich es nich so richtig peile, gucke ich sieben mal nach, sicher auch, weil ich bei den Wegzeiten besonders viel nachgeschaut habe, aber alles das kriege ich allein nicht hin ;-)

Danke

1. Mai

ich kann meine Herkunft nicht verleugnen, ich musste denn auch am 1. Mai zum Taksim, dem zentralen Platz in Istanbul - den die Regierung mit lächerlichen Vorwänden den Gewerkschaften zum 1. Mai nicht öffnet, also versuchen die Menschen trotz Polizei dorhin zu kommen - ich auch, weil ich eben auch irgendwie "aus der Arbeiterklasse" komme, basta.

1 Mayıs 01

(und nu bin ich brav zu hause und werde da heute auch nimmer hin gehen, keine Angst).

Jakobsweg - 01.05.2008: Santo Domingo de la Calzada => Belorado

Wieder war ich früh unterwegs - irgendwie hatte ich mich daran gewöhnt, beim ersten rascheln aufzuwachen (ich war nie der erste sondern wachte auf, wenn andere leute anfingen, im schlafsaal herumzukramen). und wieder faszinierte mich das licht des frühen morgens inclusive der frühnebelschwaden in weiter ferne. die berge schienen fliegenden inseln gleich auf einer luftschicht zu schweben.
 morgens früh

ich wanderte wieder alleine durch eine angenehme, nur sanft hügellige landschaft ohne besondere aussichten. der weg selbst verlief teilweise direkt an der nationalstraße entlang, die allerdings nicht zu heftig befahren war, entfernte sich teilweise auch ein stück von ihr.
die grenze zwischen den beiden provinzen Rioja, wo ich bisher unterwegs gewesen war und Castilla-Leon bzw. deren unterbezirk Burgos war ganz deutlich mit einer modernen landkartenstle gekennzeichnet und somit eins der higlights des tages:
Stele, modern

am rand des weges gab es nur kleine dörfer, teilweise sogar ganz ohne bar - und absurderweise führte der weg einmal ab von der straße und machte einen dicken fetten umweg um durch das dörfchen Viloria de Rioja zu führen - sagenhafte 61 einwohner zählt es, beherbergt angeblich ein café (das ich nicht fand) und hat tatsächlich eine kirche.
jakobswegtechnische bedeutung hatte es vielleicht einmal wegen Domingo Garcia, der dort geboren wurde http://de.wikipedia.org/wiki/Domingo_Garc%C3%ADa - ansonsten aber ist es eine nervige angelegenheit, wenn man müde ist, kaffee braucht, den berg hinauf klettert in eben jener kaffee-hoffnung und dann oben enttäuscht wird, weil das café inexistent ist und die kirche verschlossen ...

ansonsten aber ist der weg hier sehr entspannt zu wandern:
 weg

Belorado an sich ist ein etwas größeres dorf oder gar schon eine kleine stadt, hier gibt es auch wieder mehrere herbergen, an der ersten, neubau, privat, mit pool, wanderte ich wacker vorbei: sie war einfach im nichts gelegen und trotz der fetten werbung für das café dort, gab es nicht einmal echten kaffee.
die nächste herberge war ein kleines haus, das sich an eine noch ältere kirche schmiegte und war eigentlch noch geschlossen, aber der nette man, der auf einem stuhl davor saß, erwies sich als herbergsvater namens karl, hatte heute seinen ersten tag und war spontan aus Österreich angeflogen gekommen, weil derjenige, der eigentlich diese zwei wochen übernehmen sollte, krank war. und karl kümmerte sich nicht um die offizielle öffnungszeit sondern ließ mich und bald auch andere leute ein - allesamt waren wir sehr früh, weil die gesamtstrecke nicht gar zu weit war und es auf dem weg keine bars gegeben hatte, die zum verweilen einluden, während der nächste größere ort ziemlich weit weg war, so dass kaum jemand diese überlange strecke wandern wollte und so die meisten in Belorado blieben.
die herberge wird unterhalten von der österreichischen Kirche, die auch die entsprechende kirche als gebäude pflegt und betreibt - karl hatte also den schlüssel und öffnete sie extra für mich, auf dass ich einen blick hinein werfen konnte. die details aus dieser führung erinnere ich nicht mehr, ich weiß nur noch, dass es sehr dunkel war und das photographieren kaum möglcih, außerdem war es arg kalt herinnen - und hier konnte ich endlich mal jenen heiligen photographieren, der mir in spanien öfter mal begegnete und von dem ich vorher nie gehört hatte (ja, ich gebe zu, meine katholische bildung ist nur rudimentär, bin ich doch ehemaliger evangele und jetzt bekennender ketzer).
 st. kopflos

später bekam ich dann sogar noch eine fußmassage von karl, der diesen service allen anbot und gerade mit einer fertig geworden war, als ich von einem kleinen erkundungsausflug in die stadt zurück kam. er forderte mich einfach auf, mich hinzusetzen und massierte mir tatsächlich meine füße, was dann auch sehr gut tat.

von den steinzeitlichen hölen im Hang über der Kirche erfuhr ich leider erst am nächsten tag unterwegs, so dass ich keine möglichkeit hatte, mich umzuschauen und vielleicht einen blick hinein zu erhaschen - dumm, wenn man seinen luxusreiseführer aufgrund von übergepäck verschenken muss ;-)

abends auf dem hauptplatz im straßencafé dann fernflirt mit einer netten spanischen frau, ein sonnenschirm, der über mir zusammenbrach, zufallstreffen mit den australiern und wiedersehen des älteren brasilianischen paars vom ersten tag in Saint Jean Pied de Port.
Später lieh ich der Herbergsmutter, Karla, meine Mailadresse, weil sie für ihren Bruder eine Übersetzung machen musste, die sehr eilig war. Ich half ihr dann auch noch beim tippen und wir konnten den job sofort erledigen, der sie vor arge probleme gestellt hatte, hatte sie doch keine möglichkeit gesehen, ihrem bruder bei dem broschürchen innerhalb der nächsten tage zu helfen, wie er sie gebeten hatte - internet war ihrem alltag eben doch sehr entfernt.

Zufällig stolperten wir dann noch in das 1 Mai-zeremonie der stadt: der Maibaum wurde aufgestellt, ganz und gar ohne maschinenbeteiligung, nur mit menschlicher kraft:
 morgens früh

spannend in der herberge war, dass sie abends von außen abgeschlossen wurde, während die herbergsmanager Karl und Karla irgendwo im dorf ihre zimmer hatten und zum frühstück wieder in die herberge kamen - das wir aber abends noch gemeinsam vorbereitet hatten und das wir dann am morgen auch ohne die beiden anfingen - abgeschlossen klingt zwar gräuselig, aber man kann die tür im notfall (zum rauchen vor dem frühstück z.B.) von innen öffnen ;-)
auch lustig hier war, dass ich irgendwie die rolle des herbergshelfers erhielt dadurch, dass ich mich mit karl und karla sehr gut verstand (beide in ihren späten 60ern, auch wenn man es karl ganz und gar nicht ansieht) und dass ich früh da war und dann, als karl zwischendurch einkaufen ging, der einzige mensch im ganzen gebäude war, der neue gäste begrüßte oder stempel ausgeben konnte - und stempel sind wichtig auf dem weg, viele leute gehen tatsächlich in jede herberge, in jedes café, in jede kirche einfach nur für die stempel - mir reichte einer pro tag, manche kamen locker auf 5, 6 stempel am tag.

strecke: 22 km, höhenmeter: von 650 auf 850 hoch
wetter: sonnig, windig, aber warm.
allgemein: richtig gut gings mir, selbst die knie schmerzten weniger, ich konnte ohne probleme wandern.

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