geschafft, für meine verhältnisse war ich richtig früh aufgestanden und losgezogen. von den frankfurtern im zimmer nebenan gab's kein lebenszeichen, aber es war sowieso so ausgemacht, dass wir unabhängig voneinander losziehen würden, wenn es sich nicht zufällig ergäbe, dass wir zur gleichen zeit wach würden.
nach einem kurzen frühstück in einer frühaufsteherbar gings dann sofort hinaus in die weite welt.
der weg aus der stadt heraus war betoniert - ein trospflaster immerhin einige graffiti
nachdem der weg den beton und die stadt hinter sich gelassen hatte, ging es durch hügelige weinbaulandschaft weiter - immer mal berg hoch, immer mal wieder herunter, insgesamt ging es im laufe des tages erst 250 meter in die höhe (verteilt auf 20 km, also insgesamt recht harmlos, und dann wieder 150 meter hinunter, auch das war kein sonderliches problem, verteilten sich die doch auf 8 km.
auf dem ganzen weg gab es allerdings viel zu viele pilgerer - es gab kaum eine chance, alleine zu gehen, in sichtweite gab es immer massen.
die erste gelegenheit, einen kaffee zu trinken, gab es dann nach 12 km in navarrete. die eine erste kleine bar am wegrand war grausam überfüllt, aber die kaffeesucht ließ mich einkehren:
Der Kaffee war nur kurz, ich beschloss, mir ein brot und ein wenig brotobenauf zu kaufen und irgendwo am wegrand zu picknicken, in diesen massen konnte ich zwar einen kaffee ertragen, aber dort zu essen war nicht das, was ich mir erträumt hatte.
und für das picknick fand ich dann auch eine geeignete stelle, schön ruhig und kaum gestört: die Pilger, die vorbei kamen hatten sich meistens schon den bauch vollgeschlagen oder hatten auch sonst keine lust, stehen zu bleiben (na gut, die einzige stelle, wo man wirklich bequem sitzen konnte, hatte ich ja auch besetzt, es war zwar sehr angenehm auf dieser böschung im schatten eines baumes, aber es lud nichts dazu ein, sich hinzusetzen - außer eben jene einbuchtung, in die sich mein luxushintern geschmiegt hatte - der an die böschung gelehnte rucksack war ein prima esstisch und überhaupt war's nett, ruhig, die vögel zwitscherten und die zigarette schmeckte auch ...
je später es wurde, desto weniger Pilgerer sah ich auf dem weg - also nahm ich mir vor, öfter mal später unterwegs zu sein. das wandern zog sich zwar hin (die geplante strecke war auch die bisher weiteste), aber abgesehen davon, dass der rucksack bei jedem schritt schwerer wurde, war das wandern kein problem. nur kam ich den nächsten bergen immer näher und fragte mich dann natürlich, ob ich die demnächst wohl überqueren müsste - und wirklich lust hatte ich auf die nicht:
Ausgerechnet hatte ich mir am vortag, dass ich zwischen 15 und 16 uhr ankommen würde, hätte ich doch je nach wanderführer 28 bis 31,5 km zurückzulegen (für's wandern hatte ich mich dafür entschieden, dass meiner der zuverlässigere wäre, der sagte 28, für's angeben übernehme ich gerne die zahlen anderer führer, die für diese etappe wie gesagt bis zu 31,5 km angeben und auch sonst höhere km-angaben haben). und wie geplant kam ich tatsächlich um 15.10 uhr bei der städtischen herberge an, die erst um 15.30 öffnete. und siehe da, es waren einige leute da, die offensichtlich schon lange, lange warteten, sicher auch einige, die früh morgens schon mit dem ersten lichtschimmer gestartet waren oder gar früher, ich hatte ja schon von leuten gehört, die mit taschenlampen starteten. und tief in meinem innern lachte es lauthals bei der vorstellung, dass manche leute sich so quälten, um dann genauso wie ich, der ich mir alle zeit der welt lies, erst um 15.30 in die herberge eingelassen zu werden.
die vorstellung, hier unter diesen leuten warten zu müssen, von denen einer tatsächlich eine ziemlich miese ausstrahlung hatte (eine, die man z.B. öfter auf bahnhöfen findet, wenn züge zu spät kommen), behagte mir nicht so weit, dass ich bleiben wollte, also ging ich zurück in die stadt, die ich auf herbergssuche nur am rand gestreift hatte. und natürlich fand ich auch ein café mit leckerem kaffee und einem bequemen stuhl ...
ansonsten gab's nix besonderes hier, eine schöne alte, abgeschlossene kirche, die gerade renoviert wurde, aus sehr schönem roten, brökelndem sandstein, im senkrechten abbruch des felsmassivs, neben dem der ort gelegen war, gab es alte wohnhölen, aus welcher zeit sie stammten, weiß ich nicht, fand auch niemanden, der mit hätte auskunft geben können.
zurückgekehrt in die herberge bekam ich natürlch ohne probleme ein bett, duschte ohne schlange stehen zu müssen mit fast kaltem wasser (die riesigen boiler waren wohl gleich nach öffnung der herberge leergeduscht worden und ich stand vor der alternative, auf's aufwärmen noch zwei, drei stunden zu warten oder gleich zu duschen) und machte mir im garten noch einmal ein gemütliches picknick.
interessant wurde es, als dann eine ganze schulklasse ankam - die kids, 14, 15 jahre, aus frankreich, allesamt nett, aufgeregt zwar, aber diszipliniert und in der herberge selbst sehr leise und rücksichtsvoll. egal, wie sie sich verhielten, ein kurzgeschorener deutschländer frührentner musste sich natürlich beschweren - recht lauthals übrigens, wesentlich lauter als die ganze gruppe zusammen war, nach dem motto, die jugendlichen nähmen den anderen den platz weg, so eine gruppe dürfe nicht in den öffentlichen herbergen übernachten, sie störten, es sei eine zumutung für die ruhebedürftigen pilger, ...
der hinweis darauf, dass er der einzige war, der überall zu hören war, das geschätzte dutzend freier betten halfen nichts, den guten mann zu beruhigen, für ihn war die schulklasse eine zumutung - ein paar minuten später brüllte er aus der küche heraus in den schlafsaal hinein, wo seine herzallerliebste mitbeschwerdeführerin lautstark im gepäck kramte, dass die kartoffeln fertig wären - und das in einer lautstärke, die jedem kasernenhof alle ehre gemacht hätte.
erstaunlich, bisher hatte ich mich nur drei, vier mal über leute wirklich geärgert - und immer waren es deutschländer gewesen.
zwischendurch noch einmal Ina getroffen, die in einer pension wohnte und sich hier den stempel geholt hatte. sie hatte fernmündlich ein stellenangebot bekommen und überlegte nun, ob sie annehmen solle oder nicht. sehr schwierig, das zu entscheiden auf die ferne, würde mir höchst schwer fallen, aber sie hatte keine andere möglichkeit, musste sie doch innerhalb von kürzester zeit bescheid geben, zu kurzfristig um sich die neue stelle anzuschauen. doch, es gab sicher auch eine menge netter leute, die man auf dem weg treffen konnte.