Immer noch unter der Herrschaft des Militärs ...

begehrt das Volk auf in Kairo während das Leben in Port Said seinen langweiligen Gang weiter geht.
Immerhin gab es gestern eine kleine Demonstration - wir hatten sie erwartet, wir hörten sie näher kommen, es klang nach einer wirklich großen Aktion, aber als sie vorbeizog sahen wir vom Dach aus, dass es gerade mal 150, vielleicht 200 Menschen waren.
Egal, wir gingen hin, um genaueres zu erfahren. Wir sahen eine Mischung aus allen möglichen Teilen der Bevölkerung, viele junge Menschen, wenige konservative Moslems.

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Und das führt zu einer weiteren politischen Betrachtung:
Das Militär wütet seit Monaten schlimmer als das alte Mubarak Regime, massenweise verschwinden Menschen ohne ordentliches Verfahren in Gefängnissen, weil sie dem Militär unlieb sind, etwa, weil sie öffentlich die allgemein bekannten Brutalitäten des Militärs benennen, die Verstrickung der regierenden Generäle in Vorgänge wie Korruption, Folter, Mord oder auch einfach nur, weil sie für bessere Arbeitsbedingungen demonstrieren oder gar so dreist sind, eine menschenwürdige Entlohnung für Arbeit zu fordern (z.B. wagen nach wie vor manche Menschen für einen Mindestlohn von 1200 ägyptische Pfund zu fordern, umgerechnet 200Dollar oder 150 Euro, nach wie vor gibt es Leute, die zu erwähnen wagen, dass in Ägypten immer noch 40% der Menschen weit unter der Grenze für absolute Armut leben, also zu verhungern drohen, ...). Nach wie vor attakiert das Militär christliche Gebäude, Gruppen, Veranstaltungen (unter dem Vorwand, es gäbe keine ordentliche Genehmigung für den Bau wurden Kirchen zerstört, während es in ganz Ägypten wohl kaum Gebäude mit ordentlichen Genehmigungen gibt, ganz sicher müssten, wenn gleiches Maß angewendet würde, tausende von Moscheen zerstört werden, Demonstrationen von Christen werden regelmäßig angegriffen, wenn nicht direkt mit Panzern und von Soldaten in Uniform, dann jedoch immer ohne dass Sicherheitskräfte es verhindern würden, selbst wenn sie direkt daneben stehen, ...), unter der Herrschaft des Militärs finden Gerichtsverhandlungen gegen die Täter der Gewalt, Unterdrückung und gesetzlosen, hemmungslosen Ausbeutung des ägyptischen Volkes gar nicht statt oder, wenn das Volk deutlich macht, dass es sich dieses Aussitzen nicht länger gefallen lässt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ernstzunehmende Verurteilungen gibt es fast gar nicht, Freisprüche oder lächerliche Ministrofen dafür um so mehr, während die Gegner des Regimes wie gehabt unter albernen Vorwänden, durhc Lügen, durch Betrug oder einfach nur durch unrechtmäßige Pseudoverhandlungen massenweise weggesperrt werden.

Und die Gruppe, die sich erhofft, bei den Wahlen zu gewiinnen (die sich also von einer Mehrheit des Volkes wählen lassen will), die Moslembruderschaft, hält sich bei den Protesten gegen die Militärherrschaft heraus, hat gestern dann sogar in der El Aksar Moschee eigenen Protest angestimmt, einen Protest, der sich gegen Israel richtet, einen Protest, der die Palästinenser unterstützt.
Entschuldigung, habe ich etwas falsch verstanden?
Nein, es ist tatsächlich so, die Moslembruderschaft sieht die für Montag vorgesehenen Wahlen als das Wichtigste, was ansteht in Ägypten, Wahlen, die zwar durchgeführt werden dürfen, die dann auch irgendwann zu einem Parlament führen sollen (im März), die dann gefolgt werden sollen von Präsidentenwahlen, nach Vorstellung des Militärs "nicht früher als Anfang 2013", jetzt wurde dem Militär abgerungen, sich auf July 2012 einzulassen, vermutlich hoffen die Generale, bis dahin genug Gelder verschwinden zu lassen, genug Zeugen mundtot zu machen (oder eben ganz tot), genug Vorbereitungen für einen echten Staatsstreit zu treffen oder im Notfall die Flucht ins Ausland vorzubereiten. Das Parlament hat nach Vorstellungen des Militärs gar keine Befugnisse, der Ministerpräsident genauso wenig, eine zivile Regierung dürfte die Entscheidungen des Militärrates verkünden oder den Rücktritt vom Militär erbitten, falls es mit dessen Verhalten nicht einverstanden ist, wie es vor ein paar Tagen der Fall war.
Und die Moslembruderschaft schweigt dazu - offensichtlich liegen Moslembruderschaft und MIlitär auf einer Linie, es geht nicht um die Rechte der Menschen, es geht nicht um Demokratie, sondern es geht um Macht und darum, sich ein Stück vom Kuchen "Ägypten" abzuschneiden, ganz ohne Rücksicht auf die Menschen dort.
Und dementsprechend handeln die Moslembrüder: sie negieren die Demonstrationen vom Tahrir Square und richten ihre Agitation gegen Israel, nach dem alten Muster, dass äußere Feinde immer am besten von inneren Problemen ablenken und ein äußerer Feind das Volk vereint - die Agitation gegen Israel als den vermeinllichen Gegner soll den Menschen weiß machen, es ginge den Moslembrüdern darum, die wahren Feinde des Volkes zu bekämpfen (die Israelis sind immer gut dafür) und müssten gewählt werden - die tatsächlichen Feinde des Volkes, korrupte Politiker, Generale und eben auch Moslembrüder.

Und noch eine kleine Nebenbemerkung: der faktisch regierende General Tantawi (76jährig, langjähriger enger Mitarbeiter Mubaraks, für 20 Jahre dessen Verteidigungsminister) bestimmte jetzt als eine der wenigen Reaktionen auf die Proteste gegen seine Herrschaft den 78jährigen Kamal al-Gansuri (langjähriger MItarbeiter Mubaraks und für drei Jahre Ministerpräsident unter Mubarak) zum neuen Ministerpräsidenten (wie gehabt mit wenigen Befugnissen, die Regierungsgewalt behält der oberste Militärrat, behält Tantawi). Pardon, bedeuten diese alten Männer und allesamt Vertraute Mubaraks irgend einen Wechsel in der realen Politik in Ägypten? Diese Männer haben das alte System getragen, diese Männer werden einen Teufel tun, eine wirkliche Änderung aktiv voranzutreiben.
Eine Demokratisierung ist offensichtlich nicht mit sondern nur ohne Tantawi möglich.
Schön wäre es, wenn irgendwann einmal ähnliche Einsichten aus den USA und aus Europa zu hören wären, es würde vielleicht anfangs nichts ändern aber es würde den Menschen auf dem Tahrirsquare ein wenig Hoffnung und wenigstens moralische Unterstützung geben, die sie dringend brauchen, sind sie doch die einzigen, die ernsthaft für die Interessen des Volkes eintreten.

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