Donnerstag, 2. Februar 2012

Es scheint ruhig in Port Said

Es scheint ruhig zu sein in Port Said, ja.
Aber: ein Freund aus Alexandria, selbst Ägypter und begeisterter demokratischer Aktivist riet mir, zu Hause zu bleiben, heute, es sei gefährlich draußen.
S. rief extra an um zu berichten dass:
- es zu Schlägereien auch in ihrer Fabrik gekommen sei,
- es Menschenaufläufe und gewalttätige Auseinandersetzungen an den Zugängen zur freien Zone gegeben habe,
- die Fabrik sehr früh die Arbeit eingestellt habe, um den Arbeitern auch von außerhalb eine Möglichkeit zu geben, nach Hause zu kommen,
- Sicherheitskräfte Port Saids Zugangsstraßen gesperrt hätten, es also schwierig sei, in die Stadt zu kommen oder sie zu verlassen
- es Gerüchte gebe über Anhänger des Kairoer Al Ahly-Vereins, die auf dem Weg seien, sich in Port Said zu rächen,
- es angeblich zu Ausschreitungen in der Stadt gekommen sei
- ich doch bitte bitte bitte nicht hinaus gehen solle
...

Mir aber fällt die Decke auf den Kopf. Es ist so arschkalt in der Wohnung, dass ich einfach Bewegung brauche, seit Stunden höre ich nichts, kein Schreien, nur wenig Verkehr. Von der Terrasse aus sehe ich normales, wenn auch ruhiges Stadtleben, Einkäufer, ein Paar mit einem kleinen Kind ging spazieren, ...

Ich werde jetzt einfach mal ganz unauffällig meine Kamera einpacken und einen kleinen Spaziergang machen, keine Angst, nur hier im Zentrum, ich werde alle Menschenansammlungen vermeiden, ich werde mich unauffällig verhalten und ich werde jederzeit bereit sein, wegzurennen ...

Mittwoch, 1. Februar 2012

Nachtrag zu 73 Toten beim Fußballspiel in Port Said

Wenn ich darüber nachdenke, wie diese grausamen Ausschreitungen beim Fußballspiel hier in Port Said ausgeschlachtet werden werden, dann kann ich mir ein paar Reaktionen vorstellen:

Tantawi wird kopfschüttelnd im Fernsehen auftreten und väterlich verkünden, dass das ägyptische Volk ja offensichtlich nicht reif ist für ein Leben ohne die ordnende Macht des Militärs und wird wieder den Notstand ausrufen. Als Sofortmaßnahme werden dann gleich mal wieder alle die ins Gefängnis gebracht, die letzte Woche freigelassen wurden, denn die Gewalt gab es schließlich erst, nachdem diese Aktivisten für die Demokratie und Freiheit - also aus Sicht der Generale gefährliche Subjekte, die sie gerne als Schläger titulieren - freigelassen wurden.

Irgend ein anderer General wird im Brustton der Überzeugen verkünden, dass ausländische Elemente Schuld waren, vielleicht wird wieder einmal zur Jagd auf Ausländer aufgerufen, ich werden Augen und Ohren offen halten.

Viele Menschen, die weniger informiert sind, werden sagen: "Das wäre ohne die Revolution nicht passiert, unter Mubarak waren wir sicher"

Die Islambrüder werden dem Militär Beifall klatschen, das weiter Jagd auf alle politischen Aktivisten macht, die für Freiheit und Demokratie eintreten, mit dem Vorwand, die wahren Schuldigen an den Morden im Stadium in solchen zu verfolgen, die ja gesetzlos seien, Schläger usw. usw.

Die Bildzeitung wird als erste Interviews mit den Blutpfützen im Stadium führen und wird über die Kulturlosigkeiten im wilden Afrika schwadronieren.

Nur wenige, etwas informiertere Leute werden sachte versuchen darauf hinzuweisen, dass in Ägypten zur Zeit ein Sicherheitsvakuum existiert: Die Polizei ist kaum noch präsent und wird nicht ernst genommen, nachdem das System Mubarak die Polizei zu Schlägern desfunktionierte, die nur die Aufgabe hatten, auf alles einzuprügeln, das wagte, anders auszusehen, anders zu sprechen, eine eigene Meinung zu haben usw.. Die Polizei war berühmt für die Bestechlichkeit und für die Brutalität gegen politische Gegner, nicht aber für eine hohe Aufklärungsquote von Verbrechen oder für eine erfogreiche Regelung von irgend etwas. In der Revolution war die Polizei die erste Mubarak-Bastion, die fiel, geopfert wurde. Polizisten wurden, in Privatkleidung gesteckt, als Schläger gegen die Revolution in den Kampf geschickt, Polizisten öffneten die Gefängnisse und hetzten die Gefangenen in die Städte um die Unsicherheit zu schüren usw.
Seit der Revolution hat der herrschende Militärrat nichts getan, die Verbrechen aufzuklären (schuldig wären unter anderem auch wieder die regierenden Generale als wichtige Teile des alten Systems gewesen oder ihre guten Freunde), der Militärrat schürt das Gefühl der Unsicherheit noch zusätzlich, da das Militär als Folge dieses Unsicherheitsgefühls eher als Ordnungsmacht akzeptiert wird.
Ganz und gar nicht in die Pläne der regierenden Militärs passt der Aufbau eines auf Gesetzen basierenden Polizeisystems, das von den Menschen akzeptiert würde und die Macht erhielte, wirklich Ordnungsaufgaben des Zivilstaats zu erfüllen - wenn die Polizei funktioniert, dann ist das Militär im Innern nicht mehr nötig, wenn der Rechtsapparat basierend auf einer Verfassung, auf Gesetzen, auf einer genügend machtvollen Polizei und eines unabhängigen und starkten Rechtssystems gäbe, müssten Tatuni und all die anderen Gesellen fürchten, selbst vor Gericht zu stehen, selbst im Gefängnis zu enden. Das will kein regierender General.


Direkt Schuld sind die Generale wahrscheinlich nicht, ich kann mir kaum vorstellen, dass es deren Idee war, Leute loszuschicken, die Randale im Stadium machen, das geht dann doch über die Denkleistung eines durchschnittlichen Generals hinaus. Aber dass die Gewalt in Ägypten eine direkte und notwendige Folge aus der Politik des Mubaraksystems und dem Handeln der jetzt in der Nachfolge des verbrecherischen Systems regierenden Generale ist, ist kaum zu bezweifeln.


Nur wird kaum jemand auf die Stimmen hören, die diese Wahrheit aussprechen.

Montag, 23. Januar 2012

Winter?

Als ich einstieg in den Bus (der mit laufendem Motor da stand, vermutlich schon längere Zeit), zeigte das Thermometer 12° C - was ungefähr der Außentemperatur entsprach.
Als der Bus eine halbe Stunde später endlich los fuhr, waren es immer noch 12° C. Während der nächsten Stunde kletterte das Thermometer immer wieder mal für Sekunden auf sagenhafte 13° C.
Mehrere Fahrgäste beschwerten sich und nach über 75 Minuten Fahrzeit schaltete der Fahrer dann auch endlich die Heizung an (wir saßen also inzwischen seit mehr als zwei Stunden bei 12 bis 13° C im Bus, konnten uns nicht bewegen und ich war nicht der einzige, der sichtlich fror).
Als das Thermometer dann innerhalb von ein paar Minuten auf traumhafte 18°C kletterte, brachen dem Fahrer wohl Hitzeschweiß und sonst was aus, er riss das Fenster bis zum Anschlag auf.
Vielleicht war es hintem im Bus nicht ganz so grausam, aber ich in der zweiten oder dritten Reihe war froh, meine deutsche Winterjacke angezogen zu haben, die, mit der ich auch bei 10° C in Deutschland unterwegs bin, ohne zu frieren. Leider hatte ich keine lange Unterhose an, keine gefütterten, superisolierenden Skifahrerklamotten oder ähnliches.

Doch, 12° C klingt soooo schön warm, aber in Deutschland habe ich nie so gefroren wie hier im "warmen" Ägypten


(Aber zum Trost war der Bus auf der Rückfahrt - mit einem anderen Fahrer - auf wohlige 24° C geheizt, nach einem Frosttag war das einsteigen und auftauen in dem Bus dann ein wirklich so empfundener Glücksmoment :)

Sonntag, 22. Januar 2012

Kulturenmischmasch

schon komisch ist es hier am Sonntag, wenn man früh genug aufwacht - und das passiert mir öfter, ist es doch ein normaler Arbeitstag für diejenigen, die dem regelmäßigen Gelderwerb nachgehen ...

Morgens früh, noch vor der Sonne, geht ein Lärmen durchdie Stadt, schwillt an, wird richtig laut, schwillt wieder ab, wie die Gaussche Glocke der Zufallsverteilung: Die Muezzine rufen von den Dächern, am Anfang hört man nur ganz entfernte, einzelne, es wird mehr und mehr bis es von allen Dächern ringsumher ruft, wird dann wieder weniger - und wenn man Glück hat (haben wir ein wenig), ist es fast Gesang, wenn man Pech hat wohnt man neben einer Moschee mit Muezzin, der eher Krächzt.

Und dann, zwei Stunden später, läuten die Glocken, auch einige Kirchen sind ringsumher verteilt, es ist nicht ganz so laut, aber doch sehr deutlich, auch bei uns noch (die alte Wohnung war viel näher bei den Kirchen).
Und jedes Mal staune ich auf`s neue, rechne ich doch gar nicht mit sonntäglichen Glockenlärm.

Mittwoch, 18. Januar 2012

Indien?

vor langer Zeit war es schon mal so weit, alles war vorbereitet für das Abenteuer Indien, nur haperte es an einer Kleinigkeit, für die ich gar nichts konnte.

Sonntag habe ich also noch mal eine Mail geschickt mit der kleinen Anfrage, ob es denn wieder indische Möglichkeiten gäbe.
Gestern Abend fand ich dann die Mail, dass man mich gerne nehmen würde, würde ich mich denn bewerben - heute nachgefragt, ja, es wird die selbe Stelle, ja, man ist zuversichtlich, dass es diemal auch mit den Visa klappen wird (das ja für mich, wollte ich als Tourist reisen, sowieso kein Problem wäre, aber das will ich ja nicht :-)
Seitdem chaos rund um mich mit Bewerbungskram, Kopien, Sachen, die gescannt werden müssen ...

Das Leben bleibt spannend

Samstag, 14. Januar 2012

nach zwei Jahren endlich

statt Tatort morgen abend dann Arabisch - es ist peinlich, aber seit der Kurs vor anderthalb Wochen angefangen hat, habe ich mehr Arabisch gelernt als in den zwei Jahren davor. Und es macht sogar Spaß, wenn auch die anderen Kursteilnehmer nicht ganz so motiviert sind wie ich, oder anders gesagt, weniger Zeit haben und mehr arbeiten müssen, also nicht so gut Vokabeln lernen können ...

Donnerstag, 12. Januar 2012

Migräne

Tausende von Kopfschmerzformen gibt es.
Und es gibt Migräne.
Und davon kenne ich inzwischen beides zu genüge, leide ich doch immer wieder mal an diversen.
Gestern fühlte es sich wie eine ganz böse Migräne an, die da am Heranrollen war - nach einem toten Tag im dunklen Zimmer auf dem Sofa, glücklicherweise zum großen Teil verschlafen, schaute ich aber doch im Altpapier nach und ja, ich Depp hatte tatsächlich einen koffeinfreien Kaffee eingekauft daheim in Deutschland - die etwas blassere Farbe dieses einer meiner Stammkaffees hatte ich für eine neue Farbe gehalten, man kriegt ja nicht alles mit, wenn man in der Ferne lebt. Aber nein, es gibt auch von dieser Marke jetzt entcoffeinierten Kaffee ...

Ja, ich gestehe, ich bin süchtig, und offensichtlich sehr.

Montag, 9. Januar 2012

träge fließt sie dahin

die Stückzeit und plötzlich sind es ganz große Stücke und ich habe kaum bemerkt, wohin sie verschwunden ist ...

viel gemacht habe ich nicht, hauptsächlih gefroren und das ist auch Thema dieses EIntrags:

Kalt ist es, höchstens 17 Grad heute Mittag, klingt ja traumhaft und fast sommerlich, aber wenn man in einer Wohnung wohnt, die Isolation nicht kennt, statt desssen aber Wände, in denen es handbreite offene Spalten zwischen Fenster und Decke gibt (auf ca. 10 Metern ist das der Fall), die dann wenigstens teilweise mit Sperrholz getarnt sind, eine Wohnung, deren Außenwände zum größten Teil aus Metallfenstern besteht, natürlich nur einfach verglasten der Schiebetechnik, die so etwas wie Dichtungen schon technisch verhindern selbst wenn man daran dächte, einer Wohnung, in der einzig und allein Wasser erwärmt werden kann, eine Heizung nicht vorgesehen ist, durch die statt dessen der kalte Wind pfeift, dann ist es drinnen zur Mittagszeit dann immer noch kälter als draußen und sobald die Sonne weg ist, wird es gleich noch um so kälter ....
Kurz, in Deutschland habe ich noch nie so gefroren wie hier zur Zeit.
Immerhin haben wir jetzt einfach mal Kuscheldecken aus tausend Prozent Plastik eingekauft, nicht wirklich toll, nicht wirlich schön, auch nicht das beste Gefühl, aber sie halten warm ;.)

Aktuelle Beiträge

Ein neuer Anfang
Es sieht so aus, als gäbe es Stückzeit noch - aber...
erik-n - 29. Aug, 12:13
Dem Elefanten waren die...
Dem Elefanten waren die Augen zugeklebt? Unfassbar,...
iGing - 16. Apr, 09:33
Bangalore - Delhi
Meine kleine Himalayareise hat begonnen. Ich sitze...
erik-n - 16. Apr, 04:06
Der Himalaya ruft
Heute war der letzte Arbeitstag. Morgen ist Packen...
erik-n - 13. Apr, 19:17
Der Himalaya ruft
Heute war der letzte Arbeitstag. Morgen ist Packen...
erik-n - 13. Apr, 19:17

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6059 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Aug, 12:13

Web Counter-Modul


ägyptische Zeiten
Auf den Ohren
Auf nach Indien
Bilderchen
Fundstücke
für die menschheit nix großes
Hohe Zeiten
house art
indische Zeiten
photozeiten
Splitterzeiten
Tatort
Traumzeit
türkische Realität
Türkishe Realität
unterzeitwegs
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren