Montag, 18. Mai 2009

Jakobsweg – 18.05.2008: Vega de Valcare => Hospital da Condesa

Das erste Photo, das ich damals gemacht habe, entstand außerhalb des Ortes um 6.28 Uhr, also bin ich wohl gegen 6.00 Uhr aufgestanden. Auch in dieser Herberge war ich nicht der erste, wurde aufgeweckt von irgendwem, packte in aller Stille meine drei Teile und machte mich draußen vor der Tür fertig und hatte die Herberge inklusive Zähne putzen und einem schnellen Kaffee aus der Tüte schon verlassen, als die Rascheler, die mich mit ihrem Frühgemähr aufgeweckt hatten, endlich den Schlafsaal verließen.
wirklich richtig früh

Auch wenn Gott und die Welt höllische Angst vor der Etappe gehabt hatten, ging ich frohgemut los, mitten hinein in den Regen oder Nebel oder die Wolke oder was auch immer es war, was ständig zwischen völlig durchnässt werden und nicht ausreichend für den Regenumhang schaukelte, so dass ich immer wieder wechseln musste: zog ich den Regenumhang an, wurde mir schnell viel zu warm darunter, zog ich ihn aus, wurde ich nass und nässer. Aber ausnahmsweise ging ich fröhlich vor mich hinpfeifend, völlig ohne Musik in den Ohren, gut gelaunt und genoss die Regenbilder – wirklich richtig schön, der Regen in den Bergen, aber schwierig zu photographieren. Richtig spannend wäre wohl mal eine Serie über eins der leer stehenden Häuser, bei der richtigen Beleuchtung kann ich mir vorstellen, dass es da auch arg gruselig sein kann – bei Gelegenheit werde ich auch von diesem Haus noch ein paar Bilder hoch laden.
Leerstand

Irgendwo kam dann auch die lang erwartete Grenze zu Galizien, gekennzeichnet tatsächlich durch einen Zaun (wohl eher wegen irgendwelcher wildschützerischer Angelegenheiten, weniger ein Grenzzaun) und einen Stein.
Grenze zu Galizien

Ich war nicht besonders schnell wurde wohl auch ein paar mal überholt (aber überholte wiederum andere), und schließlich hatte ich die 12 Kilometer und 800 Höhenmeter überwunden und war oben auf dem Berg, wo ich einfach nur noch höllisch fror.
O Cebreiro

Aber die Regen/Nebel/Wolkenstimmung in diesem Kloster war einfach nur gut – anzuschauen, für einen Moment, wohnen würde ich an so einem Ort ja auf gar keinen Fall wollen. Inmitten des Nebels strahlte das alte Kloster mitsamt der Nebengebäude ja mystisch aus – hauptsächlich Kälte – und ich fing an, in meinem Kopf Scenarien für grausame Filme zu entwickeln, aber irgendwann zwang mich die Kälte doch zur Flucht. Eigentlich war ja geplant, dort oben einen Kaffee zu bekommen, aber die meisten Sachen waren einfach geschlossen, es war gerade Zeit für die Pilgermesse (wäre es geheizt gewesen, hätte ich ja vielleicht sogar teilgenommen, einfach um mich aufzuwärmen) und noch zu früh für die Tages-Ausflugstouristen – aber in einem dieser Häuser bekam ich von einer unwirschen Bedienung dann doch einen übertreiben teuren und kaum wärmenden Kaffee und beschloss, gleich weiter zu sausen, in der Hoffnung, mich aufwärmen zu können, wenn ich einfach schneller wanderte.
O Cebreiro

Flugs wanderte ich also weiter, gab wirklich richtig Gas auf dem Weg, der schwach abschüssig war und fror dann auch wirklich etwas weniger, vor allem, als es mir endlich gelang, aus der Wolke heraus zu kommen, die seit dem Morgen die Gegend eingehüllt hatte.
Wolke

Ich wanderte noch weiter bis nach Hospital da Condesa, wo ich gleich bei Ortseingang dem Wegweiser zur Herberge folgte, die bis auf Matthias völlig leer war – der Herbergsvater würde sicherlich irgendwann noch kommen und so genossen wir eine absolut leere Herberge, reservierten uns die nettesten Betten, schwelgten in Massen warmen Duschwassers – was ich auch brauchte, war ich doch völlig durchfroren.
Heute habe ich keine genaue Erinnerung mehr an Matthias, es ist einfach zu viel Zeit vergangen, ich weiß aber noch, dass wir uns auf Anhieb verstanden, unseren Proviant teilten, sogar Tee und Kaffee kochten, dann noch eine gemeinsame Waschmaschine hinbekamen (in der Regel hatte einer der Pilger nie genug Klamotten, um eine ganze Waschmaschine zu füllen) und den Abend dann unabhängig voneinander verbrachten, ich erforschte das Dorf, was er machte, weiß ich heute nicht mehr.
Auf dem Weg nach Hospital hatte ich aber noch das passendste Denkmal überhaupt gefunden:
Denkmal
Diese Figur zeigte wie keine andere am Wegrand, wie ich mich an jenem Tag fühlte: nicht einsam aber allein stemmte ich mich gegen den Wind, der teilweise wirklich von vorn blies, kämpfte gegen den Regen und wanderte wacker weiter ...



Strecke: 22 Kilometer
Wetter: neblig, Regen, sehr wenig Sonne
allgemeine Befindlichkeit: gut, auch wenn's weh tut ;-)

Jakobsweg – 17.05.2008: Ponferrada => Vega de Valcare

Jakobsweg – 17.05.2008: Ponferrada => Vega de Valcare

Wieder einmal wurde ich früh geweckt, ich selbst hätte ja weiter schlafen können, aber die Gruppe Brasilianer inklusive der netten Frau, die ich so überaus süß fand, machten morgens wieder eine Menge Lärm, schafften es aber wie immer nicht, den Schlafraum zu verlassen. Und heute, ein Jahr später, lese ich, dass ich damals von der überaus Süßen schrieb, und kann mich nicht im geringsten erinnern – ich weiß, dass es diese Gruppe gab, tagsüber ganz nette junge Leute, die ich hin und wieder gesehen hatte, wie man sich eben öfter mal begegnet, unterwegs, und dass genau diese netten Leute abends schon nicht die ruhigsten waren, was mir auffiel aber nicht sonderlich störte, denn sie waren zwar nicht mucksmäuschenstill, aber auch nicht so lärmend, dass sie wirklich gestört hätten – aber morgens waren sie dann doch etwas nervig, so dass ich eben sehr früh aufstehen musste.
früh

Frühstück gab's erst mal keins, nur einen Kaffee aus der Tüte schon in der Herberge, in Ponferrada hatte ich einfach noch keine Lust zu pausieren, nachdem ich die Herberge verlassen hatte.
Nach der Herberge kam ich dann an der Burg vorbei, die ich ja gestern hätte ansehen können, wenn ich ein paar Stunden früher gekommen wäre.
Burg

Außer der Burg gab's noch eine Kathedrale um vorbei zu wandern und einige verschiedene Denkmäler, die allesamt ganz unterschiedliche aber keine Hochwohlgeborenen zeigten, wie das die üblichen Denkmäler in deutschen Landen zum Beispiel ja tun, hier gab's keine Fürsten oder Könige oder Herzöge sondern an der einen Stelle waschende Frauen, an der anderen mal wieder einen Pilger
Pilger?

Im nächsten Dorf gab's dann doch ein Frühstück, ganz gemütlich und fast allein in einer Dorfbar. Im Gegensatz zur Dorfbar war aber der Weg fast schon überlaufen, überall waren Massen von Menschen unterwegs – vor allem in Villafranca del Bierzo, einem Ort, der für den Weg tatsächlich von historischer Bedeutung ist: Dort wurde den Pilgern, die die folgende Etappe über die Berge aufgrund von Alter oder Krankheit nicht schaffen konnten, in einer Kirche der Gnadenablass erteilt. (Seltsamerweise schweigt sich Wikipedia gerade über Villafranca del Bierzo aus, während andere, zumindest für den Jakobsweg weniger bedeutende Orte weit ausführlicher beschrieben werden http://de.wikipedia.org/wiki/Villafranca_del_Bierzo ).
Und natürlich ist dieser Ort auch heute noch sehr wichtig – und neben den Pilgern, die zu Fuß unterwegs sind, auch ein ganz wichtiger Ort für andere Pilger:
Die entsprechenden Busse halten am Ortsrand, Massen von Menschen in funkelnagelneuen Wanderschuhen mit den schicken Nordic-Walkin-Stöcken, die offensichtlich noch keine Pfütze gesehen haben, allesamt mit einem Minirucksack bewaffnet, in dem sich wohl diverse Kleinigkeiten verstauen lassen, die aber in der Regel arg leer aussehen, Massen von professionell ausgestatteten Wanderen eben, strömen aus den Bussen und wandern dann frohgemut in das Dorf herein, wichtig aussehend, um dann überall wo nur möglich hineinzuströmen und Stempel auf dem Pilgerausweis zu sammeln – einen bekommt man beim Café, einen in der Kapelle, einen im Dorfmuseum, in den drei Kirchen des Ortes, sofern sie geöffnet sind, dann auch jeweils einen ... Wenn die Gruppe dann durch das Dorf schwadroniert ist, wartet, bevor man durch langweilige industrielle Vororte wandern müsste, dann wieder der Bus, in dem man zum nächsten bedeutenden Ort gekarrt wird – und wer in so einem Dorf nicht mindestens fünf Stempel ergattert ist sowieso unten durch ... (den Beispielbus habe ich ankommen gesehen, aber zum Photographieren war er zu weit weg, die Gruppe hat mich dann teilweise überholt, weil ich mit meiner Kamera und nach 24 Kilometern doch etwas langsamer bin als diese Musterwanderer, ein viel zu großer Teil der Gruppe lärmte in die kleine Kapelle, in der ich versuchte, ein paar Photos zu machen.
Kapelle

Die Kapelle war uralt und vollgestellt mit Wallfahrtsbedarf – vermutlich zieht das ganze Dorf zu einem bestimmten Anlass durch die Umgebung ausgerüstet mit dem ganzen Jakobsweg in güldenen Figuren. Und wirklich spannend war neben der Kapelle und ihrem Inhalt das Verhalten der Busler: Sie strömten sich laut unterhaltend herein, scharten sich um den Tisch am Eingang, wo man Informationsmaterial erwerben konnte, wo leider aber auch Stempel vergeben wurden, und erst wenn der Stempel im Pilgerpass war, gab es dann ein paar dieser Buspilger, die sich im Innern noch umsahen, viele aber zogen mit ihrem Stempel gleich wieder weiter, das primäre Anliegen war ja erfüllt. Ich hätte gern ein wenig nachgefragt, fand ich die kleine Kapelle doch recht bemerkenswert, einerseits als Stauraum für lauter Heilige, aber andererseits auch aufgrund des fest installierten Schmuckwerks, gerne hätte ich ein wenig über die Geschichte erfahren, gerne noch etwas mehr geschaut, aber ob der Invasion der zutiefst gläubigen Stempler musste ich doch nach draußen flüchten – und rund um meinen Rucksack mit Stock und Hut ließ sich gerade ein anderer Teil der Gruppe photographieren, die ich gewähren ließ, dann wortlos einpackte, tatsächlich genervt aber doch so höflich, nichts zu sagen und wollte gerade von dannen ziehen, als sich eine ca. 50 jährige Dame aus der Gruppe entblödete, mehr als lauthals zu fragen „Sind Sie auch wegen dem HaPe hier?“ Ich entgegnete im eisigsten Ton, der mir möglich war, dass dem glücklicherweise und ganz gewiss nicht so sei, dass ich das Buch nicht einmal gelesen hätte und so bald auch nicht lesen würde und stapfte weiter.
Am Ortsausgang wartete dann auch wieder der Bus und die besonders wackeren Stempler hatten es offensichtlich geschafft, schneller als ich durch den Ort zu kommen, hatten also ihre Stempel beisammen und warteten im Bus sitzend auf die Nachzügler.
Was ich leider am Ortsausgang nicht fand, war der Wegweiser, der den Weg abseits der Straße anzeigen sollte – ich erwischte nur den Weg an der Straße, der aber auch nicht gar zu schlimm war – es war spät, außerhalb des Ortes sah ich nur noch ein paar RadPilger, die an mir vorbei sausten aber keine Wanderer mehr und die Straße zog sich durch das Tal eines kleinen Flusses inmitten eines wunderschönen Waldes – ich wanderte vor mich hin und wurde den Rest des Tages kaum noch gestört.
In Pereije, also ca. 29 oder 30 Km nach Aufbruch, traf ich ein französisches Paar, die ich schon vorher hin und wieder gesehen hatte, sie waren in der Herberge unter gekommen und fragten, ob ich nicht auch bleiben wollte, es sei eine wunderschöne Herberge, aber noch hatte ich keine Lust zu bleiben und wollte noch nach Trabadelo, weitere vier bis fünf Kilometer weiter – nicht zuletzt auch, weil ich den Weg neben dem rauschenden Fluss und der Straße, auf der mehr Radfahrer unterwegs waren als Autos, so schön fand.
Weg

In Trabadelo fand ich die Herberge auch, auch dort nicht allzu viele Menschen und vor allem sehr viele sehr junge Leute – aber leider war die Herbergsmutter nicht da und niemand wusste, wann sie zurück käme – und die Herberge war verschlossen. Also ging ich einfach weiter.
Die Broschüre der Regierung des Bezirks mit dem Herbergsverzeichnis, die ich dabei hatte, versprach mir eine Herberge nach vier weiteren Kilometern – und die würde ich ja locker schaffen, schaffte sie auch ohne Probleme, nachdem ich eine kleine Kaffeepause gemacht hatte. Nur leider war die Herberge geschlossen und würde erst im Juni öffnen. Und bis zur nächsten waren es dann noch 5,7 Kilometer.
Richtig spät war es, als ich ankam, inzwischen tat auch so ziemlich jeder Muskel weh, und viel weiter hätte ich nicht mehr gehen können, ich hatte schon Ausschau gehalten nach Möglichkeiten, draußen zu übernachten, wenn die Herberge hier geschlossen oder überfüllt wäre, denn viel weiter hätte ich nicht gehen können. Aber es gab noch reichlich Platz, nur ging die Herbergsmutter Maria , kurz nachdem ich angekommen war und überließ uns und die Herberge ihrem Schicksal (was ausnahmsweise blöd war, denn kurze Zeit später ging der Strom nicht mehr und niemand wusste, wie die Herbergsmutter zu erreichen wäre).
Später spielte ich noch Herbergsvater, als zwei Spätpilger kamen, ein offensichtlich ganz heftig frisch verliebtes junges Paar, die wichtigeres zu tun hatten, als jeden Morgen los zu rennen und blind bis zum nächsten Etappenziel zu sausen um da rechtzeitig anzukommen. Die paar Leute, die in der Herberge noch wach waren, wussten nicht, was nun zu tun wäre, war doch keine Herbergsmutter da, also übernahm ich spontan den Job, erklärte ihnen die Situation, gab ihnen ihre Stempel und erläuterte, dass die Übernachtung zwar fünf Euro pro Person koste, dass ich aber vergessen hätte, sie ins Buch einzutragen, und dass es nun ihnen anheim gestellt sei, das Versäumnis am nächsten Morgen mit der echten Herbersmutter zu klären, wenn sie darauf bestünden, den üblichen Beitrag zu zahlen (und ich glaube, die beiden waren ganz froh darum, hier noch unterzukommen und nicht bezahlen zu müssen). Richtig süß kochten sie sich dann noch zusammen eine Mahlzeit auf ihrem Kocher, den sie mit sich schleppten, süß, weil sie ständig umeinander waren, kaum von sich lassen konnten und perfekt miteinander arbeiteten – doch, die beiden waren schon klasse.
Tenor der Gespräche hier und auch bei den letzten zwei, drei Pausen war der morgige Bergaufstieg gewesen: wenn man der Etappeneinteilung folgte, die die meisten Führer vor gaben, wären insgesamt 900 Höhenmeter von Villafranca bis zum O Cebreiro zu klettern gewesen – da wir etwas weiter waren, blieben nur ca. 700 Höhenmeter übrig, es wurde von 13 Kilometern Steigung gesprochen. Viele Leute überließen es Taxis und anderen Transportern, das Gepäck nach O Cebreiro zu bringen, um die grausame Steigung ohne Gepäck zu schaffen und ich machte mir kurzfristig Gedanken, hatte ich doch die Gelegenheit verpasst, genau diesen Transport auch für mein Gepäck mit Maria zu organisieren – aber dann schlief ich doch gut und tief in der Hoffnung, auch diese Hürde am nächsten Tag nehmen zu können.


Strecke: ca. 43 Kilometer, ca. 62 000 Schritte
Wetter: aufgelockerte Bewölkung, trocken, angenehm warm
allgemeine Befindlichkeit: gut (ok, erschöpft am Abend aber richtig wohlgemut).

Jakobsweg – 16.05.2008: => Rabanal del Camino => Ponferrada

„nee nee, kann nix schreiben, passiert ja nix hier außer gehen, gehen, gehen“ schrieb ich damals auf. Das lag vielleicht auch daran, dass ich einiges gewandert war und abends einfach keine Lust oder Energie hatte, denn wenn ich mich heute zurück erinnere, fällt mir doch einiges mehr ein außer nur gehen und gehen.
Zunächst erinnere ich mich, dass ich, der ich ja immer die Karte für einen Tag in der Hosentasche hatte, ein Blatt mit Wegbeschreibung, mit dem Wegprofil und eben der kleinen Karte, auf der der Weg, ein paar Dörfer darum herum und die wichtigsten Straßen zu sehen waren, dass ich also auf diesem Wegprofil einen kleinen Schock erlebte, als ich fest stellte, dass ich ja am Vortag schon von 900 Höhenmetern auf 1100 hinauf geklettert war und dass es heute auf über 1500 hinauf ginge und später dann auf 600 hinunter – ein Abstieg, der meine Knie sicher nicht freuen würde.
ganz schön hoch
Aber auch, wenn es für mich Ebenenlandei richtig hoch klingt, auf 1500 Meter hinauf zu krabbeln, war das eigentlich ein ganz gemächlicher Aufstieg von Rabanal aus – immerhin waren es nur noch 400 Höhenmeter, die auf ungefähr 14 Kilometern zu schaffen waren – und mit dem Training der letzten Zeit doch nicht so schröcklich, wie die Steigungen der ersten Zeit. Und der Weg, der über lange Strecken eine kaum befahrene Nebenstraße begleitete, war zudem ganz angenehm zu wandern, vor allem, da ich es schaffte, den ganzen Tag allein zu bleiben und mich um nichts als mich, meine Kamera und die Ausblicke zu kümmern, die sich am Weg eröffneten, wie z.B. auf diverse alte Gebäude in mehr oder weniger zerstörtem Zustand.
Ruine

Ganz oben kommt man dann an das Cruz de Hierro http://de.wikipedia.org/wiki/Cruz_de_Ferro eine Wegmarke, die den höchsten Punkt des Jakobsweges markiert (in den Pyrenäen gibt es auf dem aragonesischen Weg einen höheren Pass, aber den bin ich ja nicht gewandert ;-) Natürlich steht heute an der Stelle nicht mehr das originale Kreuz aus Zeiten der Christianisierung, aber es wird gemunkelt, es gäbe dort oder in unmittelbarer Nähe einen Steinhaufen aus römischer Zeit, zu der es üblich war, Weggöttern mit mitgebrachten Steinen an besonderen, heiligen Stätten zu huldigen und der hiesige Pass war sicher eine der heiligen Stätten.
Heute steht dort ein großes Kreuz auf einem Baumstamm inmitten eines Haufens von Steinen, der von den Pilgern täglich vergrößert wird.
Cruz de Hierro

Und wie immer an solchen Orten gibt es eine Unzahl von kleinen Texten, die auf den Gaben hinterlassen werden (und ketzerisch wie ich bin, habe ich mich dort nicht verewigt):
Votivsteine

Ich verbrachte lange Zeit dort oben, auch in der Hoffnung, ein paar Photos machen zu können, die nicht zu stark bevölkert sein würden – und als jemand, der dort oben mit Kamera herumlungert, wurde ich denn auch einige male gebeten, Photos von x y vor, neben, auf dem Kreuz, das Kreuz umarmend, um das Kreuz versammelt usw. zu machen.
Schließlich zog auch ich weiter, überwand meine Angst vor dem Abstieg und versuchte, die 900 Meter, die es jetzt auf 10 Kilometern hinab ging, möglichst knieschonend hinter mich zu bringen. Der Weg führte über zwar in der Nähe der Landstraße, verließ ihre Trasse aber öfter und verlief auf schmalen, aber sehr schönen Pfaden durch eine recht archaische Landschaft (die ich tausend mal photographiert habe, die ich aber später erst zeigen kann). Ganz deutlich erinnere ich einen Pfad, der unter Bäumen sehr steil nach unten führte, teilweise auf Stufen, die sehr roh in den Untergrund gehauen waren, teilweise auf dem Boden, wenn ich mich recht erinnere, basaltartigen schrägen Platten. Einfach schön, wie geschaffen für einen Romantiker wie mich.
Natürlich gab es auch dort wieder viele Schafe, auch dort habe ich eins der Jakobsweg-Schafsbilder gemacht:
Jakobswegeschaf
Der Weg nach Pnoferrada verlief dann ohne besondere Zwischenfälle, es gab immer wieder Natur, Jakobsweg, Pilger und Kleinigkeiten zum Photographieren, aber viel ist dabei nicht herausgekommen – nur die alten Häuser, die in den kleinen Dörfern herumstehen, die sahen inzwischen ganz anders aus als z.B. in den Pyrenäen.
Treppe

Als ich am späten Nachmittag dann nach Ponferrada hinunter kam, war ich rechtschaffen müde, wieder mal der einzige Pilger weit und breit und erstaunt, nach dem ganzen Tag angefüllt nur mit Natur und Schafen, eine ganze Stadt inclusive Menschen zu sehen.
Ponferrada

In Ponferrada fand ich eine Herberge, an die ich mich gar nicht mehr erinnere, ich habe damals nur aufgeschrieben, dass es dort von Deutschen wimmelte und dass ich dort das Photo des HP-Effektes machte, einer ganzen Gruppe von Leuten, die lauthals über das Buch von Hape Kerkeling diskutierten – das Bild werde ich bei Gelegenheit mal online stellen, wenn ich es wieder finde.

Strecke: 32 Kilometern
Wetter: sonnig warm
allgemeine Befindlichkeit: gut, auch nach dem Abstieg (teils rückwärts) ging's den Knien, die natürlich wie immer leicht schmerzten, doch ganz gut.

gut geht's

nach der letzten Operation bin ich für ein paar Tage bei E. in N. bis ich dann Montag wieder in die Klinik gehe, um dann am Dienstag die hoffentlich letzte Operation hinter mich zu bringen - und dann könnte das ganze erst mal, mit etwas glück, vorbei sein, zumindest was klinikaufenthalte angeht ;-)
und ja, besuch gab's reichlich:
09-05-06-8948-einfach-web

Jakobsweg – 15.05.2008: Hospital Orbigo => Rabanal del Camino

Vom gestrigen Tag habe ich eine Kleinigkeit aufzuschreiben vergessen: Die Gruppe von Brasilianern – und auch wenn ich HaPe Kerkeling nie gelesen habe, hat sich auch zu mir rumgesprochen, dass der angeblich von vielen Brasilianerinnen erzählt hatte, die kaum anderes im Kopf hätten als die Frage, wer mit wem. Auch in der Herberge in Hospital Orbigo hatte ich es mit einer Gruppe von Brasilianern zu tun, von denen mir allerdings weder irgendwelche wie auch immer gearteten sexuellen Betätigungen aufgefallen wären noch sonstige Besonderheiten im Gehirn verblieben wären, das einzige, was ich noch erinnere, ist die Tatsache, dass gerade diese brasilianische Gruppe sehr früh aktiv wurde und – wie bei Gruppen üblich – kaum Rücksicht zeigte und ratzfatz jeden aufweckte, zumindest aber mich, der ich eine recht schlaflose Nacht hinter mir hatte, hatte doch ausnahmsweise das Schnarchen im Bett nebenan arg gestört (der gute Mann schnarchte so unregelmäßig, dass man sich wirklich nur schwer daran gewöhnen konnte).
Das Frühstück fiel kurz aus, es gab die Reste aus der Tüte, die ich am vergangenen Tag schon herumgeschleppt hatte, Kaffee aus der Instant-Packung, alles im noch sehr kühlen Freien des Herbergsgartens und auf die Schnelle, vor allem auch um den sich allmählich formierenden Gruppen zu entgehen.
Schon im nächsten Dorf nutzte ich die Gelegenheit, die sich durch eine gerade öffnende Bar ergab, für ein zweites Frühstück – und das nach nur ca. 2 Kilometern – nicht zuletzt auch in der Hoffnung, dem Regenguss zu entgehen, der sich am wild bewölkten Himmel ankündigte.
Ganz ohne Regen ging es dann aber doch nicht – es war nicht gar so schrecklich, wie es geschienen hatte, ich kam ohne den Regenumhang aus, aber es nieselte doch beständig und war nicht wirklich begeisternd schön – aber die Pflanzen im Wald sahen doch ganz hübsch aus so grün und beregnet ...
spanisches Moos

Irgendwo versteckt im Wald gab es denn auch wieder eine typische der-Weg-feiert-sich-selbst-Stelle, wo Unbekannte (zumindest habe ich keine Ahnung, wer das war und zur Zeit auch keinen Internetanschluss, über den ich die Möglichkeit hätte, ein wenig zu forschen, den Upload organisiert B. für mich, der die Texte auf dem Stick mitnimmt, um sie dann für mich hochzuladen), wo also Leute, über die ich zur Zeit nichts sagen kann, ein paar Pilgerwegskunstwerke der eher naiven Art aufgestellt haben. Um diese Kunstwerke, vermutlich an einer Stelle hinterlassen, die irgendeine geschichtliche Bedeutung für den Weg hat, vielleicht stand dort mal ein Kloster, wahrscheinlicher eine Herberge, noch wahrscheinlicher ein alter Wegweiser und noch wahrscheinlicher etwas noch weniger Bedeutsames, aber egal, wessen an dieser Stelle gedacht wird, sie wird von einer Unzahl von Pilgern genutzt, ihre Wegmarken zu hinterlassen – vom verschwitzten, zerrissenen T-shirt, das kurzerhand beschriftet wurde, über verschlissene Turnschuhe bis hin zur abgebrochenen Fahrradpedale findet sich ein wildes Samelsurium von Hinterlassenschaften, meist mit Namen und Datum versehen, oft mit ein paar klugen Sprüchen, immer wieder mit frommen Wünschen für andere, sehr oft mit ganz eigennützigen, nicht weniger verständlichen Wünschen wie „möge die Krankheit von mir genommen werden“.
Aber was lästere ich hier vor mich hin – ist doch dieser Text hier nichts anderes als eine etwas länger formulierte Hinterlassenschaft – und dummerweise nicht einmal auf dem Weg selbst hinterlassen, sondern online und um ein Jahr versetzt ...
Das Bild dazu:
Wieder mal ein Pilger


Einige Stunden und ein paar Kilometer später gab es einen kleinen Aufstieg auf eine kleine, etwas höher gelegene Ebene und an deren Ende einen kleinen Turm, der vielleicht einmal eine Antenne getragen hatte, vielleicht auch nur als Aussichtsturm gedacht war, vielleicht einem völlig anderen Sinn diente, den ich mir nicht vorstellen kann, auf jeden Fall hatte der Turm eine Leiter und eine kleine Plattform oben drauf, wo man einmal stehen und in die Ferne blicken könnte – was lag also näher, als genau das zu tun. So dachte ich, legte also den Rucksack ab und war in Nullkommanichts oben auf dem Turm, wohl ein wenig belächelt von diesem und jenem, vielleicht sogar mit Kopfschütteln bedacht von den Mitgliedern der lautstark vorbeiziehenden Gruppe deutschländer Wanderer, von denen nicht einer stehen blieb, von denen auch kein einer ein Wort nach oben sandte, nicht einmal der traditionelle Pilgergruß „buon Camino“ wurde erwidert, schön, dass ich diese Leute tatsächlich nicht kannte, vorher nicht gesehen hatte und auch später nicht wieder sehen würde. Die Brasilianer zumindest grüßten hoch, fragten nach der Aussicht und zogen gleichfalls vorbei. Und die Aussicht war auch nicht wirklich berückend schön – aber doch besser als von unten und einfach interessant – zumindest für mich, wer weiß, vielleicht bin ich ja wirklich ein klein wenig anders.
Turm

Nach dem kleinen Abstecher in die Höhe, dauerte es nicht mehr lange bis nach Astorga, wo ich bei den Ausgrabungen römischer Keramik auf heftigen Regen und auf dem Marktplatz dann noch auf Thomas und Sylvia stieß, die ich am zweiten Tag – in der kleinen Herberge von Zubiri kennen gelernt hatte, die dann von Pamplona ins Schwabenland zurückgekehrt waren, um dann in Leon mit frisch geheilten ehemals heftigst entzündeten Nagelbetten erneut loszuwandern. Mit beiden trank ich gemütlich einen Kaffee (und das erste mal auf dem Weg schon zur Mittagszeit ein Bier), besichtigte dann den alten Bischoffspalast (ich habe den Namen des Architekten vergessen, aber hübsche Sachen hat er gemacht, wenn auch nicht ganz mein Stil, könnte es etwas mit Caudillo gewesen sein?), ließ die gerade geschlossene Kathedrale rechts liegen und ging einfach weiter, es war zwar schon 13.40 (das habe ich mir damals aufgeschrieben, interessant, warum wohl?) aber ich beschloss, nicht in Astorga zu bleiben, sondern noch ein paar Kilometer weiter zu wandern, jetzt wieder ziemlich allein auf der Strecke, wie üblich waren nach dem Mittagessen kaum noch Pilger auf dem Weg zu sehen. Um so spannender war dann aber das Gewitter, das sich im Tal rechts vom Weg entlud – und das sehr plötzlich gekommen war, geradezu beängstigend schnell und vor dem ich über eine weite Strecke keine Zufluchtsmöglichkeit gehabt hätte, hätte es plötzlich die Richtung geändert und wäre den Hang hinauf gekrochen, auf dessen Flanke ich unterwegs war. Mit argem Herzklopfen beobachtete ich das Gewitter, versuchte gleichzeitig, es zu photographieren, was natürlich unmöglich war, überlegte, mich notfalls im Straßengraben klein zu machen, weit genug von meinem Gepäck entfernt, wie die Fachleute für so einen Fall raten und war mir nur nicht sicher, ob es notwendig wäre, sich von der Kamera zu trennen und sie beim Rucksack zu lassen oder ob es nicht möglich sei, zumindest dieses gute Stück am Körper zu behalten. Glücklicherweise kam es nicht näher, ich geriet zwar in einige kräftige Regengüsse, auch Hagel war dabei, aber blieb doch von der Hauptmasse des Gewitters verschont.
„In El Gauso dann noch die Meckerziege aus der Herberge (von Hospital Orgibo) sitzend mit einem Glas Bier vor der nächsten Herberge“ schrieb ich damals – und ganz genau erinnere ich mich, dass sie, wie scheinbar bei den meisten Deutschländern auf dem Weg so üblich, übertrieben laut zu ihrem Trinkkumpan sprach. „Wo ist der denn abgestürzt“ fragte sie in einem recht miesen Ton, wohl in der Meinung, ich könne sie nicht hören. Zu mir gewandt und (noch lauter, aber in weniger beleidigendem Ton) fragte sie, warum ich so spät erst ankomme, worauf ich nur entgegnete, dass es doch sehr interessant auf dem Weg sei, dass es einiges zu sehen gegeben habe und dass ich Zeit hätte und wanderte gemütlich weiter, was sie dann ganz offensichtlich nicht begriff (es war sicher schon 15.30 Uhr) – aber selbst wenn ich keine Lust gehabt hätte, weiter zu gehen, in dieser Herberge wäre ich dann ganz sicher nicht geblieben, wenn ich dort einer solchen Person ausgeliefert wäre, aber ich hatte Lust, weiter zu gehen und fühlte mich durchaus in der Lage, noch einige Stunden zu wandern.
Hysterisch fragte sie mich, ob ich wirklich weiter wolle. „Klar, das Gewitter ist doch vorbei“ entgegnete ich. „Bis zur nächsten Herberge sind es aber noch 10 km – und ich habe gehört, dass da alles voll ist ...“ versuchte sie mich zu überzeugen. „'Ich habe gehört' habe ich hier schon oft gehört, und nie hat es gestimmt, tut mir ja Leid, und 10 Kilometer noch? Na und, ich habe doch reichlich Zeit,“ meinte ich und war auch schon weiter gewandert, und blieb ein paar Türen weiter stehen – zum Photographieren natürlich, nicht um einzukehren.
Tür
Vermutlich schwadronierte sie noch den ganzen Nachmittag über diesen Unbelehrbaren, der bestimmt kein Quartier fände – aber es waren tatsächlich nicht zehn Kilometer, sondern gerade mal sechs, ich machte auf dem Weg noch viele viele Photos und fand dann eine Herberge, die fast leer war, in der eine ganz tolle Stimmung herrschte und in der ich die Brasilianer wieder traf – und wieder waren sie laut, wenn auch ganz ohne erotische Intermezzi. Ganz und gar nicht vermisste ich das Gemähre der Meckerziege oder ihrer deutschländischen Genossen ...
Und wie gesagt, ich hatte reichlich photographiert, unter anderem auch einen neuen Kirchentyp, wie er nun häufiger anzutreffen war:
Dracula

Strecke: über 30 Km
Wetter: überwiegend bedeckt, ca. 15 Grad, bei Regen kälter. Viel Regen, Gewitter.
Allgemeine Befindlichkeit: nach zu wenig Schlaf vielleicht ein wenig empfindlich was zu lautes und zu arrogantes Verhalten anging, ansonsten sehr gut, auch wenn die Knie immer noch weh taten, mich aber in der Beweglichkeit nicht einschränkten.

Aktuelle Beiträge

Ein neuer Anfang
Es sieht so aus, als gäbe es Stückzeit noch - aber...
erik-n - 29. Aug, 12:13
Dem Elefanten waren die...
Dem Elefanten waren die Augen zugeklebt? Unfassbar,...
iGing - 16. Apr, 09:33
Bangalore - Delhi
Meine kleine Himalayareise hat begonnen. Ich sitze...
erik-n - 16. Apr, 04:06
Der Himalaya ruft
Heute war der letzte Arbeitstag. Morgen ist Packen...
erik-n - 13. Apr, 19:17
Der Himalaya ruft
Heute war der letzte Arbeitstag. Morgen ist Packen...
erik-n - 13. Apr, 19:17

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6042 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Aug, 12:13

Web Counter-Modul


ägyptische Zeiten
Auf den Ohren
Auf nach Indien
Bilderchen
Fundstücke
für die menschheit nix großes
Hohe Zeiten
house art
indische Zeiten
photozeiten
Splitterzeiten
Tatort
Traumzeit
türkische Realität
Türkishe Realität
unterzeitwegs
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren