Freitag, 22. Mai 2009

Jakobsweg – 22.05.2008: Portomarin => Palas del Rei

Jakobsweg – 22.05.2008: Portomarin => Palas del Rei

Bevor ich mich in der Schilderung des Tages aus heutiger Sicht versuche, muss ich anmerken, dass meine Aufzeichnungen, die ich damals jeweils nachmittags oder abends machte, verloren gingen – nachdem ich im November, vier Monate später als geplant und nach einigen unangenehmen Erlebnissen mit Autos und Krankenhäusern nach Hause kam, konnte ich die entsprechenden Zettel einfach nicht mehr finden und mich auch nicht erinnern, wo ich sie vielleicht deponiert habe – vielleicht werden sie ja irgendwann irgendwo auftauchen, aber bis dahin muss ich die letzten Tage meines Jakobsweges aus dem Gedächtnis und anhand der Photos rekonstruieren, die irgendwo auf der Festplatte liegen.

In der Herberge hatte ich sehr lange im Bett ausgeharrt und den üblichen Lärm einfach ignoriert. Danach gab es dann ein Frühstück mit ein paar anderen Leuten aus der Herberge in einer der nahen Bars, bis es dann schon relativ spät los ging (das erste Photo des Tages habe ich um 7.45 gemacht). Weil ich noch einmal ein Photo von der Kirche machen wollte, also ein paar Meter weg vom Weg ging, zog ich alleine los – die Photos wurden aber trotzdem nichts ;-)
Statt dessen gab's dann einfach nur eine Aufnahme der typischen Säulengänge:
Säulengänge

Der Weg führte teilweise an einer größeren Straße entlang, später dann wieder über schmale Wege und Pfade durch Wald und Wiesen. Den ganzen Tag versuchte ich zwar, die für Galicien typische Hórreos zu photographieren, die Speicher für Alles, was Bauern so ernten und für den Winter lagern ( http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B3rreo ). Allerdings gibt es auf der Festplatte viele Photos aber kein wirklich Gelungenes. Aber das folgende mag als erträglich durchgehen:
Hórreo


Was wieder sehr deutlich war, war die Menschenmenge unterwegs – viele viele Leute, die ich vorher nicht gesehen hatte. Aber jetzt nicht mehr ganz so extrem wie am Tag davor – irgendwie verteilten sie sich wohl besser – oder aber einige hatten aufgegeben und waren nicht mehr unterwegs – zumindest nicht auf den Fußwegen.

Natürlich gab es wieder reichlich Schilder und Wegweiser und natürlich feierte sich der Jakobsweg wieder selbst, wie man das schon lange gewohnt war, hier gab es dann aber auch mal eine kleine Variation, die erklären mag, warum der eine oder andere so schnell vorwärts kam, fast wie raketenbetrieben:
Raketenantrieb

Angesichts vieler leerstehender und allmählich verfallender Häuser drängte sich der Gedanke auf, dort Pilgerherbergen einzurichten, dem ich einige Zeit nach hing.
künftige Pilgerherberge

Ich weiß heute nicht mehr, mit wem ich damals ein Stück wanderte, aber ich weiß noch, dass wir beide genau die gleiche Träumerei entwickelt hatten, so ein Haus zu kaufen und es dann zur Pilgerherberge zu machen, was gar hicht soo aufwändig wäre, zeichnen sich die Herbergen doch dadurch aus, dass sie sehr einfach sind und die Gäste keine übertriebenen Ansprüche an die Ausstattung stellen. Gemeinsam überlgten wir, was so einer Träumerei ernsthaft entgegen stünde – und mir war klar, dass ich mir zwar vorstellen könnte, an so einem Ort für begrenzte Zeit zu bleiben, dass ich aber sicher nicht dort leben wollte, vor allem nicht mit der Perspektive, in der Abgeschiedenheit den Rest meines Lebens zu verbringen – und abgeschieden leben die Leute dort, es kommen zwar immer Pilger vorbei, die ziehen aber spätestens nach einem Tag wieder weiter.
Je später es wurde, desto schlechter wurde das Wetter. Als es endlich nach Palas del Rei herunter ging, war der Regen nur noch schrecklich, wolkenbruchartig strömte er herunter, so dass es arg nass wurde trotz des Regenumhangs, der Stulpen auf den Schuhen und der ehemals imprägnierten Funktionshose – irgendwie fing alles allmählich an, Wasser anzusaugen, auszuschwitzen, im Wasser zu stehen oder das Wasser und damit auch die Kälte direkt auf die Haut weiter zu leiten.
Glücklicherweise fanden wir dann aufgrund eines lkeinen Fehlers – wir übersahen einen Wegweiser – eine kleine Herberge, die in einem früheren Wohnhaus untergebracht war und bekamen dort die letzten freien Plätze – in einem relativ netten Zimmer mit zwei Stockbetten (also gerade mal vier Schlafplätzen) und einem eigenen Bad – was purer Luxus war, nur der Platz zum Wäschetrocknen war sehr bescheiden aber doch so notwendig. Im Gegensatz zu anderen hatte ich noch das Glück, dass mein Rucksack dicht blieb. Andere hatten nicht einmal trockene Wäsche zum Wechseln.
In einer kleinen Regenpause ging ich los, das Städtchen zu erkunden, kam aber nur bis in eine kleine Bar, in der Pilger wohl selten zu Gast waren, auf jeden Fall erregte ich schon ein gehöriges Maß an Neugier und es entspann sich ein kleines Gespräch mit einem der Spieler vom Tisch nebenan.
Später musste ich dann doch durch den Regen zurück in die Herberge – und sah dann auf dem Weg noch die Esel, die in der Bar für Furore gesorgt hatten: Der Wirt hatte sie kommen sehen und plötzlich waren alle an die (Glas)Tür gedrängt um hinaus zu schauen und die Gruppe mit den Eseln zu bewundern, offensichtlich ein Bild, das dort auch nicht alltäglich ist. Bis ich die Kamera ausgepackt hatte, war es zu spät, aber später sah ich dann doch noch die Esel, die Familie war wieder verschwunden, die sah ich einfach nie, das ergab sich nicht.
Pilger
Den Rest des Tages verbrachte ich mit den üblichen Pilgerbeschäftigungen: Handwäsche, ein bisschen aufschreiben, ein wenig Schwätzen mit den Leuten in der Herberge (ich weiß nicht mehr, mit wem ich an jenem Tag öfter gegangen war und mit wem ich dort in der Herberge angekommen war, aber ich weiß doch noch, dass wir uns einige Male ganz angenehm unterhielten. Schade, dass die Aufzeichnungen verloren sind).

Strecke: 24 Kilometer, gemächlich von 400 auf 750 Meter hoch, dann wieder auf 600 runter, also recht harmlos
Wetter: überwiegend Regen, kurze trockene Phasen, zunehmend stärkerer Regen
allgemeine Befindlichkeit: soweit ich mich erinnere, ganz gut

ps: den Palast des Königs, den ich in Palas del Rei vermutete, fand ich leider nicht.

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