Samstag, 24. September 2016

Prüfung

Vor ein paar Tagen hatte ich mich zum Führerschein angemeldet. Heute war ich wie verabredet um 9:30 Uhr da. In dem winzigen Büro wurden dann noch die Anträge von ungefähr 10 anderen Leuten bearbeitet, die meisten hatten schon die "learners licence", den Lernerführerschein, den man zunächst bekommt, um dann nach frühestens einem Monat die richtige 'driving licence' nach einer kleinen Prufüng zu bekommen. Mein Antrag war der letzte, nichts war vorbereitet, alles wurde jetzt erst ausgefüllt (ok, das brauchte auch nur 5 Minuten, fertig war der Führerscheinantrag). Gegen 11:00 konnten wir das Büro dann auch verlassen und uns auf den Weg machen.
Die meisten der Kandidaten - bewaffnet mit allerlei Helmen oder auch ohne, die Prüfung wäre ja später, fuhren dann mit ihren eigenen Zweirädern zum RTO, dem 'regional transport office', unter anderem auch zuständig für Führerscheine.
Ein paar Leute wurden, wie ich, mit dem Fahrschulauto gebracht. Auf dem Weg dahin, ca.5 km, hätte der Fahrlerhrer, der uns fuhr, locker einige hundert Euro an Strafen kassiert und vermutlich auch ein Fahrverbot: Angefangen mit einem Auto, wo man sich hinten nicht anschnallen kann, weil die Gurte hinter den Sitzen eingeklappt sind über den Beifahrer, der natürlich nicht angeschnallt war (solange der Fahrlehrer selbst Beifahrer war, schnallte er sich auch nicht an, wies aber den Schüler immerhin darauf hin,dass der den Gurt tragen müsse), ging es weiter mit ständiges Hupen (theoretisch auch in Indien nur in Gefahrensituationen erlaubt), linkem Überholen, einem Sicherheitsabstand von drei, vier Metern bei 60 km/h. Die Fahrspuren wurden ständig ignoriert, beim Abbiegen wurden andere Verkehrsteilnehmer brutalst geschnitten, so dass sie stehenbleiben mussten, EIne Nötigung geschah wie im Lehrbuch mit Hupe, heftigstem Auffahren, Lichthupe usw., weil jemand ftatsächlich einen kleinen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Auto hielt, eine rote Ampel wurde überfahren, Fahrspuren sowieso ignoriert, es wurde imZickzack überholt, mal rechts, mal links, fast immer mit völlig unnötigem Hupen, geblinkt wurde fast nie ...

RTO Yelahanka

Im RTO wurde erstmal gewartet, die Leute von der Fahrschule haben das Bezahlen der Gebühr erledigt (30 Rupies, pro Person, wenn ich richtig gelesen habe, also 40 bis 50 Cent ). Daraufhin wurden die Papiere zur Kontrolle einem Dreierteam von Beamten vorgelegt. Wenn man an der Reihe war, musste man die Originalpapiere vorlegen und die wurden dann mit den Kopien verglichen, die man eingereicht hatte - weil ich als Ausländer ein Sonderfall bin, musste ich da schon mal zum Chef, der akzeptierte meinen Pass nach einigem ahnungslosen aber sehr wichtigem Blättern dann auch, und meine Papiere wurden auch ohne adress-proof (Nachweis der Adresse, den habe ich nämlich nur in Form des Mietvertrages) akzeptiert. Genau dieser adress proof ist meistens die Hürde, mit meinem speziellen Visum muss ich mich bei der Ausländerbehörde nicht registrieren lassen und genau diese Registrierung ist das, was man als Ausländer normalerweise braucht, um irgendetwas Offizielles in Indien zu machen, sei es, ein Bankkonto eröffnen zu wollen, ein Telephon anzumelden, eine Gasflasche für den Küchenherd zu bestellen, ganz zu schweigen von so hochoffiziellen Angelegenheiten wie Führerschein oder Anmeldung eines Autos oder Motorrades ...
Die schwerste Hürde war also genommen, und das sogar ganz ohne Probleme.
Nachdem die Papiere überprüft und für ausreichend befunden wurden, ging es weiter im Prozedre, die "Prüfung" stand an, vor der alle schon sehr nervös waren, gemeinsam mit einigen anderen Kandidaten hatte ich dann noch die offiziellen Handzeichen geübt: die werden nur mit dem rechten Arm und dder rechten Hand gemacht (schließlich muss man als LKW-Fahrer ja Handzeichen geben, Blinker oder Lichter werden normalerweise zumindest hinten abgerissen oder zumindest abgeklemmt, die einleuchtendeste Erklärung, die mir bisher dafür gegeben wurde, war die, dass die Rücklichter doch zu viel Energie und somit zu viel Treibstoff verbrauchen würden)..:
gerader Arm rausgestreckt mit Handfläche nach vorne zeigend: ich fahre los.
Handfläche nach unten zeigend: ich will nach links fahren.
Handfläche nach unten ganzer Arm kreisend: ich will links abbiegen.
Arm nach oben geknickt, rotierend: ich mache einen U-Turn.
Arm nach oben geklappt, nach unten - oben bewegt: ich bleibe stehen.

RTO Yelahanka
Ich hielt diese Panik, die Handzeichen unbedingt lernen zu müssen ja arg übertrieben und beteiligte mich eigentlich nur aus Spaß daran, aber immerhin lernte ich auch so die Bedeutungen ...

Die Prüfung macht wiederum der Chef der Abteilung. Jeder Kandidat (unter den ca. 50, 60 wartenden waren auch zwei Frauen, also auch jede Kandidatin) musste einzeln vortreten und musste fundierte Kenntnisse der Verkehrsregeln im Gespräch nachweisen: Auch ich musste, als meine Papiere geklärt waren, dort vortreten, wurde gnädig an den Tisch gerufen. Der Officer fragte mich einfach so, ob ich die Handzeichen kennen würde. Yuppieh, die hatte ich ja geübt und fasste sie kurz zusammen, ließ die aus, die ich inzwischen wieder vergessen hatte, aber rechts, links, stopp reichten ihm schon. Mein Einwand, dass ich als Motorradfahrer doch aber gar keine Zeichen mit der rechten Hand machen kann, (da muss man schließlich Gas geben und bremsen), wurde nicht verstanden, man müsse die Zeichen doch beherschen, wenn jemand wegen zu hellen Lichts mittags meinen Blinker nicht sehen könnte zum Beispiel.
Ganz diplometisch erwähnte ich, man müsse die Zeichen ja schließlich auch verstehen, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer sie machte, war das Offiziersherz des guten Mannes wieder beruhigt, er fragte mich noch ein paar Verkehrszeichen ab,indem er auf das Poster mit Verkehrszeichen wies, das er auf seinem Schreibtisch hatte, und die ich dann auch noch verkehrt herum zu verstehen hatte (was bei rechts und links dann doch verwirrt). Ich kenne diese Zeichen nach 30 Jahren Fahrpraxis in der Welt außerhalb Indiens zwar zu genüge (hier in Indien kriegt man sie selten zu Gesicht, häufiger handgemalte Hinweise die mit dem Regelbuch des RTO wenig zu tun haben). Die Englische Bezeichnung für die einzelnen Schilder ist mir aber nicht wirklich geläufig (wer kennt denn die Bezeichung 'right HP bend' - ich musste erstmal nachschlagen, was das heißen mag, während das Zeichenuns allen kein Problem bereitet)
RTO YelahankaDie meisten Bezeichnungen hatte ich aber in der Wartezeit trainiert, konnte immerrichtig antworten, wenn auch manchmal mit falschen Wörtern ('forbidden' statt 'prohibited' zum Beispiel), aber der Officer war zufrieden mit mir und gab sein 'OK' und ich war entlassen. Jetzt muss ich noch sieben Tage warten und dann bekomme ich angebich meine 'learners licence" - der Fahrschulmensch sagte zwar "ganz sicher", aber das glaube ich erst, wenn ich sie in der Hand halte ...
Hoffentlich bekomme ich dann wie versprochen in sieben Tagen meine Lerner-Lizenz ;-)

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