ägyptische Zeiten

Freitag, 30. März 2012

Wurde Zeit

Endlich machen wir mal wieder einen kleinen Ausflug, E und Ö, Kolleginnen von S. haben in ihrer Zeit in Port Said, die immerhin schon ein halbes Jahr bzw. drei Monate dauert, nicht einmal die Pyramiden gesehen - das musste geändert werden.
Und während die Fahrer, E. und W. noch auf dem Automarkt sind, sitzen wir anderen gemütlich im Starbucks, trinken einen Kaffee und genießen das moderne ägyptische Leben im Ciitystars, einem gigantischen Einkaufszentrum ...

Aber zurück zu den Pyramiden: manchmal sind wir Photographen schon arg nervig: In en öffentich zugänglichen Gräbern rund um die Pyramiden war einer unterwegs, der hemmungslos alles photographierte, vor allem seine Freundin vor dieser oder jener Pyramide, vor den Hyroglyphen, vor der Statue, in der Grabkammer usw. und mit seinem Blitz wirklich alle Sehnerven zu zerstören versuchte, die er irgendwie erreichen konnte, Als er uns ins zweite Grabmal folgte und da wieder hemmungslos blitzte, wies ich ihn darauf hin, dass er nicht nur unsere Augen zerstörte sondern dass auf die Dauer auch die originalen, 4000jährigen Farben die Blitze nicht wirklich lieben, hörte er tatsächlich auf zu blitzen, immerhin ...
Aber bis dahin hatte er schon tausende Menschen arg genervt.

egal, ich habe ihn einfach aus dem Bild herausgetempelt, in das er natürlich hineinrannte.

zensored idiot

Mittwoch, 28. März 2012

Alles Lüge ...

Bisher habe ich noch nie darauf geachtet, es nie selbst bemerkt.
Aber nachdem ich schon immer der Meinung war, dass die meisten Frauen in Ägypten sich nicht verschleiern würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten, dass also die Verschleierung bei den meisten Frauen nicht aus Überzeugung sondern aus Zwang (durch Familie, Umfeld, Gesellschaft) geschieht und dass gerade diese Frauen dann, sobald sie eben diese Zwangsstruktur verließen, auch gerne auf die Vermummung verzichten würden.
Auch von einigen (auch europäischen) Frauen wurde darauf bestanden, die Verschleierung sei eben eine Lebensweise, würde von den Frauen aktiv und selbstbestimmt gewählt und getragen, die meisten verschleierten sich freiwillig usw.

Nun, in mein Flugzeug Frankfurt - Kairo stiegen ca. 30 bis 40 Frauen ein, ein drittel war wohl nicht ägyptisch. Von diesen Frauen trugen 3 oder 4 auch beim Einsteigen schon Kopftücher.
Ich hatte das große Vergnügen, in der vorletzten Reihe zu sitzen und wunderbar beobachten zu können, wie gegen Ende des Fluges immer mehr Frauen nach hinten kamen, mit kleinen Paketen in der Hand und auf dem Sitz hinter mir anfingen, zu hantieren. Und genau diese Frauen, die meisten waren nicht mehr ganz jung, 30 bis 50 Jahre, normal frisiert und gekleidet für europäische Verhältnisse, gingen dann brav ägyptisch mit fein säuberlich eingepacktem und verschnürtem Kopf zurück. Das Flugzeug verließen dann ca. 15 - 20 Frauen brav ägyptisch verschleiert.

Jetzt sage mir noch irgendwer, dass die Mehrzahl der Frauen sich das freiwillig antue ...


Und nebenbei angemerkt: Als das Flugueig geöamdet war, gab es eine wirklich anachronistische Ansage: Man solle doch bitte daran denken, dass das Photographieren auf dem Flughafen von Kairo verboten sei.
Haben diese Dinosaurier von ägyptischen Generälen und Herrschern noch nie Google Earth gesehen? Aber die selben Intelligenzbolzen haben ja auch ein Verbot für GPS gestürtzte Navigationsgeräte ausgesprochen hier im Land, wohl aus der Angst heraus, man könne die genauen Daten der Luxusvillen der Herren Generale dem israelischen Geheimdienst verraten - als hätten die Israelis das nötig ...

Samstag, 11. Februar 2012

schon wieder in der Illegalität unterwegs

oder nein, ich habe ohne Probleme den AUsreisestempel bekommen und werde wohl ohne Schwierigkeiten aus Ägypten ausreisen können, obwohl ich das Visum um 12 Tage überzogen habe.
Lustig ist das, einerseits wird gegen Ausländer gehetzt wie blöd, gerade von der Militärregierung, die die bösen Ausländer für jedes Problem verantworklich macht, selbst für die kaputte Wirtschaft, die einzig und allein noch von ein paar ausländischen Firmen am Laufen gehalten wird, während alle Fachleute sagen, dass gerade die kaputte Politik der wirtschaftlich völlig ahnungslosen Generale alles, was an Investitionen möglich wäre, künstlich erschwert oder gar unmäglich macht, werden Ausländer gehetzt als Agitateure und Umtriebler, die mit ihren politischen Stiftungen wie Adennauer oder Ähnlichem die Opposition illegal finanzieren und andererseits interessiert es niemajnden, wie lange das Visum gilt, das Blondie im Stempel hat ...

OK, ich beschwere mich nicht.

Iinzwischen bin ich auf dem Flugplatz, habe eingecheckt, muss nur noch einsteigen und der Flieger muss losdüsen, dann bin ich erst mal weg, und das gerade jetzt, wo es endlich wieder wärmer wird, heute auch wieder die Sonne scheint und es auch in unserer Wohnung wieder angenehm warm wird ...
Die Fahrt hierher war ruhig, entgegen aller panikmache waren zwar ein paar Kampfpanzer mehr an der Straße stationiert, ein fieser Anblick, wenn man so auf die Kanone zufährt, die auf die normalen Leute auf der Straße gerichtet ist, aber inzwiswchen sind wir das ja im Ägypten der NachMubarkaZeit gewöhnt.

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(das Bild stammt aus meinem Archiv und ist nicht aktuell, heute Morgen habe ich aufgrund der Unsicherheit ob der Sicherheitslage nicht photographiert)


Kontrolliert wurden die anderen Autos beim Verlassen Port Saids schon, ich hatte Blondivorrecht, wir wurden einfach durchgewunken, ansonsten alles ganz normal, niemand machte Jagd auf das Auto aus Port Said, was angebelich noch vor ein paar Tagen irgendwo hier in Kairo passiert war, wo aus einem Auto zwei Leute tot mit aufgeschlitzter Kehle endeten, zwei andere schwer Verletzt wurden - eine Geschichte, die S. in der Fabrik hörte und die wir dann unabhängig davon auch von unserem Arabischlehrer erzählt bekamen, der auch aufgrund solcher Berichte nicht nach Kairo fuhr, obwohl er dringend seine Masterprfunen organisieren müsste ...
Solche Geschichten verunsichern sehr, vor allem wenn man gleichzeitig eben wieder die Panzer sieht, die in Port Said aufgefahren sind um das zentrale Polizeirevier und die Kanalbehörde zu sichern, wenn man von den 12 Toten hört, die die Proteste nach dem Port-Said-Massaker begleiteten usw.
Wirklich schlimm ist es, dass es keine gesicherten Informationen gibt. Das staatliche Fernsehen ist bekannt für seine Lügen (die haben wir selbst erlebt, als wir vom Tahrirsquare kamen, eine Millionenmenge hinter uns ließen und ein paar hundert Meter entfernt im staatlichen Fernsehen einen absolut leeren Platz sehen konnten, angeblich als Live-Schaltung, mit der belegt wurde, dass die Proteste nur von ein paar fehlgeleiteten Randalierern betrieben würden ..., die Zeitungen im Land unterliegen der Zensur, internationale Medien haben die selben Probleme, an gesicherte Informationen zu kommen und verzichten auf Details wie die "Rache" der Leute in Kairo, die als wichtiges Politikum nicht wahrgenommen wird und bei der Ausländer erstmal nicht Opfer wurden.
Der Mangel an zuverlässigen Medien schafft eine Abhängigkeit vom Hörensagen - man kann versuchen, dieses Hörensagen durch Nachfragen und durch Vergleiche verschiedener Quellen zu untermauern, aber es bleibt beim Hörensagen und bei dem heftigen Gefühl, wirklich nicht ausreichend Bescheid zu wissen.
Und wenn man dann erstmal solche Geschichten hröt, dass die Leute in kairo Bussen aus Port Said auflauern, Papiere kontrollieren um dann die Leute aus Port Said zusammen zu schlagen, wenn es denn so glimpflich abgeht, wenn man hört, dass Autos auf der Straße aufgrund ihres Port-Said-Nummernschildes gestoppt un ddie Insassen reihenweise abgestochen werden, wenn man hört, dass sogar Trucks gestoppt werden, auf denen sich gleich Dutzende von Menschen befinden, die wiederum Opfer von Ausschreitungen werden, dann beruhigt es kaum, dass man in internationalen Medien keine Berichte darüber findet. Das Fehlen solcher Berichte wird nicht als Beleg dafür gesehen, dass solche Ausschreitungen nicht statt finden sondern nur als Mangel in der Berichterstattung gesehen.

Kurz und gut: ich habe absolut keine Idee, was an den Geschichten stimmt und was erfunden und erlogen ist. Unser Ägyptischlehrer ist Dienstag und Mittwochs in Port Said geblieben, hat seine Unitermine abgesagt, weil er sich nicht nach Kairo getraut hat, er fand, das sei für ihn als Ägypter zu gefährlich. Aber dass Ägypter die Gefahren hier im Land gerne übertreiben, wisssen wir inzwischen auch, die Leute sind regelmäßig entsetzt ob der Gefahren, in die wir un sbegeben (und bei denen uns noch nie etwas geschehen ist).
Zurück geblieben ist ein Gefühl der Bedrohung (und ich glaube, das ist durchaus beabsichtigt von der aktuellen Führung des Landes, Generale haben kein Problem damit, Bedrohungen als größer darzustellen als sie wirklich sind).
Ich werde die Mölgichkeiten, sich zu informieren, in Deutshland genießen, dessen bin ich mir sicher.

Donnerstag, 9. Februar 2012

versalzen

Wir waren zum Köfteessen bei S.'s Chef. Und die Köfte waren grausam versalzen. Nur sagte niemand auch nur ein Wort.
Ich koche ja auch mal hin und wieder für die Bande, wenn mein Kram so heftigst versalzen wäre, ich würde es selbst sagen und so niemanden dazu zwingen, seine Portion höflich aufzuessen.
Aber ich habe gestern abend auch höflich geschwiegen und die Köfte mit Joghurt zusammen als "Iskenderköfte" gegessen, grausam salzig zwar aber mit Joghurt ging es ja runter und ich war nicht so unhöflich, das Essen des Gastgebers runterzumachen - ok, wären es eine andere, weniger formale Essgruppe gewesen, es wäre leichter gefallen, über das Versalzene zu reden und die Dinger einfach nicht aufzuessen.
Ich bin manchmal schon ein schlechter Mensch und sage nicht immer, was ich denke - aber S. hätte mich erschlagen, hätte ich etwas gesagt ...

In der Nacht dann stundenlang Krankenwagen, die durch die Stadt heulten, ich habe keine Ahnung, warum - von der Terrasse aus war nichts zu sehen, auch wenn es nach verbranntem Aas roch (manchmal wird hier Müll einfach in Hinterhöfen verbrannt und manchmal sind tote Tiere mitten in diesen Müllhaufen).
Ich muss gleich mal rausgehen und an der Kanalverwaltung schauen, nach den Ausschreitungen im Stadion, den Racheschlägereien und -Morden (man spricht davon, dass in Kairo sieben Leute umgebracht worden wären, nachdem jemand sie als Port-Said-Einwohner erkannte) gibt es wohl auch (ernstgemeinte) Bestrebungen, Port Said als Freistadt unabhängig von Ägypten zu machen, manche Leute träumen davon, die Kanalregion könnte sich von Ägypten lossagen und sich mit dem Wohlstand aus dem Kanal selbständig machen, es wurde wohl auch gedroht, den Kanal als politisches Druckmittel zu nutzen und zu sperren. Angeblich ist Militär zum Schutz des Kanals eingezogen.
Ich muss mir das mal alles genauer anschauen.

Wie ich allerdings Samstag Morgen nach Kairo zum Flugplatz kommen soll um dann nach Deutschland zu fliegen, weiß ich noch nicht, Busse gibt es im Augenblick angeblich nicht, auch Taxis oder private Chauffeure fahren ungern.
S. versucht heute, einen in der Fabrik zu finden, der mich fährt. Na, schauen wir mal.

Samstag, 4. Februar 2012

Demonstrationen und inzwischen wohl auch Ausschreitungen in Port Said

Inzwischen ist deutlich geworden, dass das Massaker in Port Said wohl doch beabsichtigt war, Türen, die den Opfern als Ausgänge hätten dienen können und die normalerweise offen sind, waren vorher zugescheißt worden,

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es gab zwischen den Fans aus Port Said "Schlägergruppen", die sich nicht für das Spiel interessierten, aber später bei den Ausschreitungen als besonders agressiv und aktiv hervortraten, Augenzeugen sind der Meinung, dass diese Leute nicht einmal aus Port Said kamen. Vor Beginn des Spiels wurde niemand nach Waffen oder gefährlichen Gegenständen durchsucht, was sonst normal ist, ein allgemeiner Sicherheitscheck, sonst Routine, fand nicht statt, bei dem auch die Türen überprüft werden. Diese Türen, die 20 000 Al Masry-Fans von den und den 500 aus Kairo angereisten Al-Ahly-Fans trennen sollten, waren offen und Sicherheitskräfte weigerten sich, diese zu schließen, nachdem sie dazu aufgefordert worden waren. Diese sahen den Attacken nach dem Spiel tatenlos zu, es wird sogar berichtet, dass sie die Angreifer ermunterten, noch brutaler vorzugehen, ...

Es sieht so aus, als wären die Al-Ahly-Fans gezielt in eine Falle gelockt worden. Inzwischen gibt es Berichte, dass viele Schläger extra für diese Angriffe bezahlt wurden, unter anderem vom Betreiber eines Cafes, das zur Zeit gerade randaliert wird, ...

Ansonsten gab es die vergangenen Tage über friedliche Demonstrationen um den Gouverneurspalast herum (Bilder kommen noch) und im Stadium, das für Trauernde und Gedenkende geöffnet war. Polizei war in der ganzen Stadt nicht zu sehen bis auf vereinzelte Verkehrspolizisten, die Panzer, die sonst vor dme Gouverneurspalast standen und gestern in Seitenstraßen versteckt worden waren, sind ganz verschwunden. Ist diese Flucht der Sicherheitskräfte als Schuldeingeständnis zu werten? ...

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Was heute und in den folgenden Tagen noch geschehen wird, ist nicht abzusehen, aber ich halte die Augen offen, gehe kein überflüssiges RIsiko ein und passe auf mich auf ;-)

Ich halte euch auf dem Laufenden ...

[Wg. techn. Störung erst heute gebloggt und ein wenig üerarbeitet.]

Donnerstag, 2. Februar 2012

Es scheint ruhig in Port Said

Es scheint ruhig zu sein in Port Said, ja.
Aber: ein Freund aus Alexandria, selbst Ägypter und begeisterter demokratischer Aktivist riet mir, zu Hause zu bleiben, heute, es sei gefährlich draußen.
S. rief extra an um zu berichten dass:
- es zu Schlägereien auch in ihrer Fabrik gekommen sei,
- es Menschenaufläufe und gewalttätige Auseinandersetzungen an den Zugängen zur freien Zone gegeben habe,
- die Fabrik sehr früh die Arbeit eingestellt habe, um den Arbeitern auch von außerhalb eine Möglichkeit zu geben, nach Hause zu kommen,
- Sicherheitskräfte Port Saids Zugangsstraßen gesperrt hätten, es also schwierig sei, in die Stadt zu kommen oder sie zu verlassen
- es Gerüchte gebe über Anhänger des Kairoer Al Ahly-Vereins, die auf dem Weg seien, sich in Port Said zu rächen,
- es angeblich zu Ausschreitungen in der Stadt gekommen sei
- ich doch bitte bitte bitte nicht hinaus gehen solle
...

Mir aber fällt die Decke auf den Kopf. Es ist so arschkalt in der Wohnung, dass ich einfach Bewegung brauche, seit Stunden höre ich nichts, kein Schreien, nur wenig Verkehr. Von der Terrasse aus sehe ich normales, wenn auch ruhiges Stadtleben, Einkäufer, ein Paar mit einem kleinen Kind ging spazieren, ...

Ich werde jetzt einfach mal ganz unauffällig meine Kamera einpacken und einen kleinen Spaziergang machen, keine Angst, nur hier im Zentrum, ich werde alle Menschenansammlungen vermeiden, ich werde mich unauffällig verhalten und ich werde jederzeit bereit sein, wegzurennen ...

Mittwoch, 1. Februar 2012

Nachtrag zu 73 Toten beim Fußballspiel in Port Said

Wenn ich darüber nachdenke, wie diese grausamen Ausschreitungen beim Fußballspiel hier in Port Said ausgeschlachtet werden werden, dann kann ich mir ein paar Reaktionen vorstellen:

Tantawi wird kopfschüttelnd im Fernsehen auftreten und väterlich verkünden, dass das ägyptische Volk ja offensichtlich nicht reif ist für ein Leben ohne die ordnende Macht des Militärs und wird wieder den Notstand ausrufen. Als Sofortmaßnahme werden dann gleich mal wieder alle die ins Gefängnis gebracht, die letzte Woche freigelassen wurden, denn die Gewalt gab es schließlich erst, nachdem diese Aktivisten für die Demokratie und Freiheit - also aus Sicht der Generale gefährliche Subjekte, die sie gerne als Schläger titulieren - freigelassen wurden.

Irgend ein anderer General wird im Brustton der Überzeugen verkünden, dass ausländische Elemente Schuld waren, vielleicht wird wieder einmal zur Jagd auf Ausländer aufgerufen, ich werden Augen und Ohren offen halten.

Viele Menschen, die weniger informiert sind, werden sagen: "Das wäre ohne die Revolution nicht passiert, unter Mubarak waren wir sicher"

Die Islambrüder werden dem Militär Beifall klatschen, das weiter Jagd auf alle politischen Aktivisten macht, die für Freiheit und Demokratie eintreten, mit dem Vorwand, die wahren Schuldigen an den Morden im Stadium in solchen zu verfolgen, die ja gesetzlos seien, Schläger usw. usw.

Die Bildzeitung wird als erste Interviews mit den Blutpfützen im Stadium führen und wird über die Kulturlosigkeiten im wilden Afrika schwadronieren.

Nur wenige, etwas informiertere Leute werden sachte versuchen darauf hinzuweisen, dass in Ägypten zur Zeit ein Sicherheitsvakuum existiert: Die Polizei ist kaum noch präsent und wird nicht ernst genommen, nachdem das System Mubarak die Polizei zu Schlägern desfunktionierte, die nur die Aufgabe hatten, auf alles einzuprügeln, das wagte, anders auszusehen, anders zu sprechen, eine eigene Meinung zu haben usw.. Die Polizei war berühmt für die Bestechlichkeit und für die Brutalität gegen politische Gegner, nicht aber für eine hohe Aufklärungsquote von Verbrechen oder für eine erfogreiche Regelung von irgend etwas. In der Revolution war die Polizei die erste Mubarak-Bastion, die fiel, geopfert wurde. Polizisten wurden, in Privatkleidung gesteckt, als Schläger gegen die Revolution in den Kampf geschickt, Polizisten öffneten die Gefängnisse und hetzten die Gefangenen in die Städte um die Unsicherheit zu schüren usw.
Seit der Revolution hat der herrschende Militärrat nichts getan, die Verbrechen aufzuklären (schuldig wären unter anderem auch wieder die regierenden Generale als wichtige Teile des alten Systems gewesen oder ihre guten Freunde), der Militärrat schürt das Gefühl der Unsicherheit noch zusätzlich, da das Militär als Folge dieses Unsicherheitsgefühls eher als Ordnungsmacht akzeptiert wird.
Ganz und gar nicht in die Pläne der regierenden Militärs passt der Aufbau eines auf Gesetzen basierenden Polizeisystems, das von den Menschen akzeptiert würde und die Macht erhielte, wirklich Ordnungsaufgaben des Zivilstaats zu erfüllen - wenn die Polizei funktioniert, dann ist das Militär im Innern nicht mehr nötig, wenn der Rechtsapparat basierend auf einer Verfassung, auf Gesetzen, auf einer genügend machtvollen Polizei und eines unabhängigen und starkten Rechtssystems gäbe, müssten Tatuni und all die anderen Gesellen fürchten, selbst vor Gericht zu stehen, selbst im Gefängnis zu enden. Das will kein regierender General.


Direkt Schuld sind die Generale wahrscheinlich nicht, ich kann mir kaum vorstellen, dass es deren Idee war, Leute loszuschicken, die Randale im Stadium machen, das geht dann doch über die Denkleistung eines durchschnittlichen Generals hinaus. Aber dass die Gewalt in Ägypten eine direkte und notwendige Folge aus der Politik des Mubaraksystems und dem Handeln der jetzt in der Nachfolge des verbrecherischen Systems regierenden Generale ist, ist kaum zu bezweifeln.


Nur wird kaum jemand auf die Stimmen hören, die diese Wahrheit aussprechen.

73 Tote in Port Said

... und wir saßen bei E. im Wohnzimmer und haben uns eine alberne Sendung nach dem Motto "Talentsuche und wer macht sich heut´ zum Affen" angeschaut und gar nichts mitgekriegt, bis E.s Vater aus der Türkei ganz entsetzt anrief und nachfragte, ob ihr auch nichts geschehen sei ...

Nein, uns ist nichts passiert - mir sowieso nicht, in einem Fußballstadium habe ich eh nichts verloren ...

Also, liebe Leute, macht euch keine Sorgen, mir gehts gut :-)

Und für die ausgewogene Berichterstattung:
Bei uns vom Dach aus hört man die eine oder andere Sirene, vor einer halben Stunde kam mal ein Hubschrauber vorbei, auf der Straße relativ wenig Verkehr, aber die Läden sind ganz normal geöffnet, es kommen hin und wieder Passanten vorbei, ganz gemütlich und ruhig, Kinder sind draußen unterwegs ... Nicht ganz so alltäglich war nur der eine Mann, der mit einem Stock bewaffnet unterwegs war - aber das ist eher wieder so ein ahnungsloser Versuch sich zu bewaffnen, das Stöckchen war viel zu lang und zu leicht (eher eine Dachlatte, wäre wohl was für ehemalige hessische Ministerpräsidenten denn eine ernsgemeinte Waffe), für ein Zeichen für weitere drohende Auschreitungen halte ich sowas eher nicht.

Montag, 23. Januar 2012

Winter?

Als ich einstieg in den Bus (der mit laufendem Motor da stand, vermutlich schon längere Zeit), zeigte das Thermometer 12° C - was ungefähr der Außentemperatur entsprach.
Als der Bus eine halbe Stunde später endlich los fuhr, waren es immer noch 12° C. Während der nächsten Stunde kletterte das Thermometer immer wieder mal für Sekunden auf sagenhafte 13° C.
Mehrere Fahrgäste beschwerten sich und nach über 75 Minuten Fahrzeit schaltete der Fahrer dann auch endlich die Heizung an (wir saßen also inzwischen seit mehr als zwei Stunden bei 12 bis 13° C im Bus, konnten uns nicht bewegen und ich war nicht der einzige, der sichtlich fror).
Als das Thermometer dann innerhalb von ein paar Minuten auf traumhafte 18°C kletterte, brachen dem Fahrer wohl Hitzeschweiß und sonst was aus, er riss das Fenster bis zum Anschlag auf.
Vielleicht war es hintem im Bus nicht ganz so grausam, aber ich in der zweiten oder dritten Reihe war froh, meine deutsche Winterjacke angezogen zu haben, die, mit der ich auch bei 10° C in Deutschland unterwegs bin, ohne zu frieren. Leider hatte ich keine lange Unterhose an, keine gefütterten, superisolierenden Skifahrerklamotten oder ähnliches.

Doch, 12° C klingt soooo schön warm, aber in Deutschland habe ich nie so gefroren wie hier im "warmen" Ägypten


(Aber zum Trost war der Bus auf der Rückfahrt - mit einem anderen Fahrer - auf wohlige 24° C geheizt, nach einem Frosttag war das einsteigen und auftauen in dem Bus dann ein wirklich so empfundener Glücksmoment :)

Sonntag, 22. Januar 2012

Kulturenmischmasch

schon komisch ist es hier am Sonntag, wenn man früh genug aufwacht - und das passiert mir öfter, ist es doch ein normaler Arbeitstag für diejenigen, die dem regelmäßigen Gelderwerb nachgehen ...

Morgens früh, noch vor der Sonne, geht ein Lärmen durchdie Stadt, schwillt an, wird richtig laut, schwillt wieder ab, wie die Gaussche Glocke der Zufallsverteilung: Die Muezzine rufen von den Dächern, am Anfang hört man nur ganz entfernte, einzelne, es wird mehr und mehr bis es von allen Dächern ringsumher ruft, wird dann wieder weniger - und wenn man Glück hat (haben wir ein wenig), ist es fast Gesang, wenn man Pech hat wohnt man neben einer Moschee mit Muezzin, der eher Krächzt.

Und dann, zwei Stunden später, läuten die Glocken, auch einige Kirchen sind ringsumher verteilt, es ist nicht ganz so laut, aber doch sehr deutlich, auch bei uns noch (die alte Wohnung war viel näher bei den Kirchen).
Und jedes Mal staune ich auf`s neue, rechne ich doch gar nicht mit sonntäglichen Glockenlärm.

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