Jakobsweg – 18.05.2008: Vega de Valcare => Hospital da Condesa

Das erste Photo, das ich damals gemacht habe, entstand außerhalb des Ortes um 6.28 Uhr, also bin ich wohl gegen 6.00 Uhr aufgestanden. Auch in dieser Herberge war ich nicht der erste, wurde aufgeweckt von irgendwem, packte in aller Stille meine drei Teile und machte mich draußen vor der Tür fertig und hatte die Herberge inklusive Zähne putzen und einem schnellen Kaffee aus der Tüte schon verlassen, als die Rascheler, die mich mit ihrem Frühgemähr aufgeweckt hatten, endlich den Schlafsaal verließen.
wirklich richtig früh

Auch wenn Gott und die Welt höllische Angst vor der Etappe gehabt hatten, ging ich frohgemut los, mitten hinein in den Regen oder Nebel oder die Wolke oder was auch immer es war, was ständig zwischen völlig durchnässt werden und nicht ausreichend für den Regenumhang schaukelte, so dass ich immer wieder wechseln musste: zog ich den Regenumhang an, wurde mir schnell viel zu warm darunter, zog ich ihn aus, wurde ich nass und nässer. Aber ausnahmsweise ging ich fröhlich vor mich hinpfeifend, völlig ohne Musik in den Ohren, gut gelaunt und genoss die Regenbilder – wirklich richtig schön, der Regen in den Bergen, aber schwierig zu photographieren. Richtig spannend wäre wohl mal eine Serie über eins der leer stehenden Häuser, bei der richtigen Beleuchtung kann ich mir vorstellen, dass es da auch arg gruselig sein kann – bei Gelegenheit werde ich auch von diesem Haus noch ein paar Bilder hoch laden.
Leerstand

Irgendwo kam dann auch die lang erwartete Grenze zu Galizien, gekennzeichnet tatsächlich durch einen Zaun (wohl eher wegen irgendwelcher wildschützerischer Angelegenheiten, weniger ein Grenzzaun) und einen Stein.
Grenze zu Galizien

Ich war nicht besonders schnell wurde wohl auch ein paar mal überholt (aber überholte wiederum andere), und schließlich hatte ich die 12 Kilometer und 800 Höhenmeter überwunden und war oben auf dem Berg, wo ich einfach nur noch höllisch fror.
O Cebreiro

Aber die Regen/Nebel/Wolkenstimmung in diesem Kloster war einfach nur gut – anzuschauen, für einen Moment, wohnen würde ich an so einem Ort ja auf gar keinen Fall wollen. Inmitten des Nebels strahlte das alte Kloster mitsamt der Nebengebäude ja mystisch aus – hauptsächlich Kälte – und ich fing an, in meinem Kopf Scenarien für grausame Filme zu entwickeln, aber irgendwann zwang mich die Kälte doch zur Flucht. Eigentlich war ja geplant, dort oben einen Kaffee zu bekommen, aber die meisten Sachen waren einfach geschlossen, es war gerade Zeit für die Pilgermesse (wäre es geheizt gewesen, hätte ich ja vielleicht sogar teilgenommen, einfach um mich aufzuwärmen) und noch zu früh für die Tages-Ausflugstouristen – aber in einem dieser Häuser bekam ich von einer unwirschen Bedienung dann doch einen übertreiben teuren und kaum wärmenden Kaffee und beschloss, gleich weiter zu sausen, in der Hoffnung, mich aufwärmen zu können, wenn ich einfach schneller wanderte.
O Cebreiro

Flugs wanderte ich also weiter, gab wirklich richtig Gas auf dem Weg, der schwach abschüssig war und fror dann auch wirklich etwas weniger, vor allem, als es mir endlich gelang, aus der Wolke heraus zu kommen, die seit dem Morgen die Gegend eingehüllt hatte.
Wolke

Ich wanderte noch weiter bis nach Hospital da Condesa, wo ich gleich bei Ortseingang dem Wegweiser zur Herberge folgte, die bis auf Matthias völlig leer war – der Herbergsvater würde sicherlich irgendwann noch kommen und so genossen wir eine absolut leere Herberge, reservierten uns die nettesten Betten, schwelgten in Massen warmen Duschwassers – was ich auch brauchte, war ich doch völlig durchfroren.
Heute habe ich keine genaue Erinnerung mehr an Matthias, es ist einfach zu viel Zeit vergangen, ich weiß aber noch, dass wir uns auf Anhieb verstanden, unseren Proviant teilten, sogar Tee und Kaffee kochten, dann noch eine gemeinsame Waschmaschine hinbekamen (in der Regel hatte einer der Pilger nie genug Klamotten, um eine ganze Waschmaschine zu füllen) und den Abend dann unabhängig voneinander verbrachten, ich erforschte das Dorf, was er machte, weiß ich heute nicht mehr.
Auf dem Weg nach Hospital hatte ich aber noch das passendste Denkmal überhaupt gefunden:
Denkmal
Diese Figur zeigte wie keine andere am Wegrand, wie ich mich an jenem Tag fühlte: nicht einsam aber allein stemmte ich mich gegen den Wind, der teilweise wirklich von vorn blies, kämpfte gegen den Regen und wanderte wacker weiter ...



Strecke: 22 Kilometer
Wetter: neblig, Regen, sehr wenig Sonne
allgemeine Befindlichkeit: gut, auch wenn's weh tut ;-)

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