Dienstag, 26. Mai 2009

Jakobsweg – 24.05.2008: Arzúa => Arca do Pino

Das erste Bild des Tages entstand um 7.31 Uhr. Es zeigt die für die Gegend um Arzúa typische Landschaft mit dem Wald, Weideland und auch den so typischen Wolken und Dunstfetzen.
Nebelstimmung

Dementsprechend früh war ich wohl doch aufgestanden und losgezogen, auch wenn wir uns nicht verabredet hatten, ergab es sich, dass San und ich zusammen los zogen, um eine Bar für's Frühstück zu finden – fanden wir dann auch sehr schnell, eine sehr große sogar, die recht professionell war, mit schnellem (aber nicht gerade sehr gutem) Service und ausreichender Qualität.
Wir wanderten dann auch weiter, soweit ich mich erinnere, gemeinsam, aber im Laufe des Tages gab es Phasen, wo ich allein unterwegs war, Phasen, wo sich um uns herum auch eine ganze Gruppe bildete.
Der Weg führte wieder durch Feld und Wald, diesmal meist auf befestigten Wegen, weniger auf richtigen Feldwegen oder gar Pfaden, aber doch noch angenehm autolos in der Regel. Und wieder gab es viele Hórreos mit noch mehr Versuchen, sie zu photographieren. Also gibt’s auch heute wieder das Hórreo des Tages:
Hórreo des Tages

Am Morgen war es ja noch angenehm trocken und später sogar warm gewesen, was einlud dazu, sich lockerer anzuziehen und den gestrigen Regen zu vergessen.
Pause
(ihn kannte ich auch, hatte ihn immer wieder gesehen, aber da er außer Französisch und Spanisch keine meiner Sprachen konnte, hatten wir uns nie länger unterhalten, waren uns aber immer sympathisch und teilten auch mal gemeinsam eine Brotzeit mit Austausch von Wurst und Käse)

Der Sonnenschein aber täuschte und hielt nicht lange, bald gab es wieder den üblichen Regen, und den gab es dann auch in Massen, fast wie um das, was während der kurzen trockenen Phase versäumt worden war, nun doppelt nachzuholen, es regnete zwischendurch sogar so stark, dass auch die hartgesottensten Pilger glücklich waren, wenn sie Unterschlupf unter einer Brücke fanden:
unter der Brücke

In Arca do Pino beschlossen San und ich wieder, es in einer Pension zu versuchen – wieder waren wir arg durchnässt und wieder stand uns beiden nicht der Sinn nach einem großen Schlafsaal und dem fehlenden Luxus der typischen Herbergen – in die wir zwar gegangen wären, hätte es keine Alternative gegeben, aber die Alternative fanden wir dann doch, nur ein ganz wenig abseits des Weges, zu einer Bar gehörend, wo es dann auch ein Frühstück gäbe am nächsten Morgen ;-)
Die Pension, die wir gefunden hatten, war winzig, es gab gerade mal drei Zimmer, ein Doppelzimmer, das schon belegt war und zwei Einzelzimmer,
Zimmer
wobei uns angeboten wurde, dass sie uns im Notfall auch ein Zimmer zu zweit vermieten würden, was wir aber ganz sicher nicht wollten, es war zwar ganz angenehm, gemeinsam zu wandern und zu reden, aber selbst wenn es zwei getrennte Betten in einem Zimmer gewesen wären, wäre mir das schon zu intim geworden. Auch eine spannende Sache das, ich war in der Lage, in einem Schlafsaal mit 120 Leuten zu schlafen, in Betten, wo das eine direkt neben das andere gestellt worden war, wo man also wirklich nur Zentimeter von wildfremden Leuten schlafen musste, von denen man nichts wusste, als man das Bett bekam, wo man vielleicht einen Schlafsack liegen sah, vielleicht ein Handtuch, die aber nichts über diese wildfremde Person aussagten, aber es wäre mir zu eng und zu intim gewesen, mit San in einem Raum zu schlafen, wenn es dort zwei getrennte Betten gegeben hätte ...
Aber in unserer Pension hatten wir ja unsere kleinen schicken Einzelzimer und – solange das Paar des Doppelzimmers nicht da war - den kleinen Aufenthaltsraum mit dem Ofen, den die Wirtin für uns extra angezündet hatte und der wunderbar Wärme verbreitete.
Wohnzimmer

Leider kam dann aber doch jenes Paar und disqualifizierte sich durch ein paar doch sehr seltsame Sprüche über „spanische Zustände“ und „man muss dieses und jenes“ und ein Hohelied auf die eigene Planung und Leistung – und wie so oft bei solchen sich selbst disqualifizierenden Leuten auf dem Weg sprachen sie dann auch noch Deutsch ...

Mit der Gewissheit, ein eigenes Zimmer zu haben und am nächsten Tag nicht weit gehen zu müssen, gingen wir dann noch Essen und tranken auch einen zweiten Wein (in Spanien habe ich dann auch tatsächlich hin und wieder Wein getrunken, während ich den ja im Normalfall weder trinke noch vertrage) und kamen später als die herbergsübliche Schlafenszeit von 21.30 in unsere Pension und verabredeten dann auch, am nächsten Morgen gemeinsam los zu ziehen, nicht ganz so früh, wie das sonst üblich war – was sich dann auch schon fast wie eine kleine Sünde an fühlte, im Gegensatz zu braven Pilgern würden wir den Sonnenaufgang einfach verschlafen und dann auch noch ganz gemütlich frühstücken statt mit dem ersten Hahnenschrei los zu hasten.

Strecke: ca. 20 km, leicht hügelig zwischen ca. 300 und 400 Metern.
Wetter: anfangs trocken, später teilweise arg heftiger Regen
allgemeine Befindlichkeit: gut

Jakobsweg – 23.05.2008: Palas del Rei => Arzúa

Offensichtlich war ich damals wieder sehr früh auf den Beinen – warum, kann ich heute nicht mehr erinnern, aber ich habe noch genau das Bild vor Augen, wie ich am frühen Morgen schon vor der Tür stand, unter dem winzigen Vorsprung an die Wand gequetscht, um bei der Guten-Morgen-Zigarette nicht gar zu nass zu werden. Vermutlich hatte mich wohl wieder ein Frühaufsteher aufgeweckt, auf jeden Fall habe ich das erste Hórreo schon um 6.35 photographiert, wozu ich aber erst aus dem Dorf heraus musste, also mindestens schon 10 Minuten gewandert war – heute kann ich ja nur staunen darüber, dass ich das fertig gebracht habe, jeden Morgen sooo früh aufzustehen und einfach in den Regen hinaus zu wandern ...
Auf jeden Fall machte ich wieder viele Hórreo-Versuche auf dem Weg durch das richtig ländliche Galicien – wieder führte der Weg durch Wiesen und Wälder (Felder sind in der Gegend tatsächlich arg rar) und ich genoss über weite Strecken, einfach alleine durch diese archaisch anmutende Umwelt zu wandern – wobei der anfänglich leichte Regen zwar nicht wirklich schön war aber zu der kontemplativen Stimmung beitrug, indem alle anderen Geräusche außer dem des Wassers übertönt wurden.
Wald und Wiesen

Und irgendwann in einem der winzigen Dörfer (ich glaube, sowas nennt man dann Weiler) habe ich auch das Photo hinbekommen, das ich jetzt als das tägliche Hórreo-Photo ausgewählt habe – die Dinger haben mich so fasziniert, dass ich jetzt noch von dem einen Tag 20 bis 30 Photos davon auf meiner Festplatte habe, auch nachdem ich die schlimmsten (verwackelte, gar zu langweilige Ausschnitte, unter- und überbelichtete, ...) längst gelöscht habe. Aber egal, es war auch ein Hórreotag, also gibt es jetzt wieder eins von diesen Dingern (die denen am schwarzen Meer übrigens auffallend ähneln – noch eine Gegend, wo ich noch einmal hin muss, um ein paar bestimmte Photos zu machen ;-)
Hórreo

Ungefähr auf der Hälfte der Tagesetappe lag eine mittelalterliche Brücke, bei der ich für zehn Minuten ausharrte, um ein paar Photos zu machen – ich versuchte mich natürlich auch in Totalen, um die spitze Form, die ich so aus Deutschland nicht kannte (oder zumindest mich nicht an ähnliche Bauwerke erinnerte) aufzuzeichnen, aber reizvoller war doch der Versuch, sie inklusive Wanderern auf ein paar Pixel zu bannen, war ein Teil meiner Wanderung doch auch in dem Willen geschehen, sie in Photos zu dokumentieren. Also wartete ich auf ein passendes Bild – von den fünf Bildern, die mir heute zusagen, habe ich dann einfach eins ausgewählt (vor einiger Zeit, als ich beschlossen hatte, den um ein Jahr verspäteten Bericht zu schreiben und dafür dann auch ein paar Tage lang Photos wählte und bearbeitete, wohl wissend, dass ich dazu später, beim Schreiben also, kaum käme – heute würde ich ein anderes aussuchen).
mittelalterliche Brücke bei Melide

Während ich bei der Brücke damit beschäftigt war, passende Photomomente abzuwarten (und einige Leute verwundert vorbei kamen und kaum verstanden, dass jemand trotz des Regens einfach nur dort stand und wartete – einige fragten nach, was ich täte, zwei oder drei sogar, ob sie mir helfen könnten), kam auch San vorbei und wir beschlossen, ein Weilchen gemeinsam zu wandern.
Wir waren uns immer wieder mal begegnet und hatten geschwätzt und die letzten zwei Tage hatten wir uns auch immer wieder gegenseitig überholt, also bot es sich an, einfach mal ein Stück gemeinsam zu gehen – und auch wenn wir aus völlig verschiedenen Welten kamen, oder gerade deswegen, hatten wir reichlich Gesprächsstoff – und als wir nach Melide kamen, stellten wir auch fest, dass wir beide Hunger hatten und den Pulpo probieren wollten, für den die kleine Stadt bekannt ist (Wikipedia z.B. weiß nicht viel mehr als vom Pulpo zu berichten: http://de.wikipedia.org/wiki/Melide_(Galicien) ;-))
Wir fanden ein entsprechendes Lokal und hatten einigen Spaß mit einer Mahlzeit, die doch etwas ungewohnt aussieht für mitteleuropäische (oder südafrikanische) Gewohnheiten:
Middach
Die Tintenfische werden dort am Stück gekocht und vor dem Servieren einfach in Portionsgröße ab- und klein geschnitten. Auf dem Teller sieht das dann noch seltsamer aus – auch wenn es absolut lecker ist und ich kaum etwas anderes bräuchte um einige Zeit überleben zu können (in Galicien habe ich immerhin vor 20 Jahren alle möglichen Meeresfrüchte kennen und lieben gelernt, eben auch Pulpo, nur habe ich leider die kleine Bar nie wieder entdeckt, in der es damals den weltbesten „Pulpo con sua tinta“ oder so ähnlich gegeben hatte, aber der in Melide war auch nicht schlecht ;-)
Pulpo

Auch wenn es wegen des Regens arg schwer viel, sich wieder auf den Weg zu machen, zogen wir doch weiter – in Melide war es fast schon trocken, als wir ankamen, fing aber wieder an, stärker zu regnen, als wir aufgegessen hatten. Und natürlich war die kurze Schwachregenphase nur eine Täuschung gewesen, den Rest der Etappe wanderten wir durch immer stärker werdenden Regen, der so stark war, dass das Gespräch schwierig wurde, weil es galt, das ständige Prasseln auf die Kapuze zu übertönen, was nicht einfach war, Photos habe ich nur noch sehr wenige gemacht, einfach weil es zu umständlich war, die Kamera unter dem Umhang hervor zu zaubern und sie dann wieder trocken zu verstecken, selbst ich, der ich doch normalerweise recht unerschrocken bin und die Kamera durchaus einem leichten Regen aussetze und keine Angst vor ein wenig Spritzwasser habe, befürchtete doch, sie zu zerstören, wenn ich sie zu oft und zu nass werden ließ.
Tür und Tor und Katze

Ich hatte eigentlich vor gehabt, nur bis nach Arca do Pino zu wandern, aber dort entschieden wir spontan, bis nach Arzúa weiter zu gehen, da wir dort wohl eher eine Pension fänden, wo wir eigene Zimmer beziehen könnten, jeweils ein eigenes Bad hätten und unsere Klamotten trocknen könnten, die inzwischen völlig durchnässt waren, selbst meine Schuhe waren zum ersten Mal seit Start der Wanderung bis nach Innen durchnässt, trotz der Stulpen (allerdings fehlte es an Imprägnierung, einem Service, der in den Herbergen fehlte und mit dem vermutlich auch einiges an Geld zu verdienen wäre, haben doch so ziemlich alle Pilger genau das selbe Problem und ist in Galicien einfach ganz sicher davon auszugehen, dass man einige heftige Regentage auf dem Weg hat).
Lustig war es, sich mit San relativ zielstrebig einer völlig fremden Stadt zu nähern und ganz sicher davon auszugehen, eine erträgliche Pension zu finden: Nachdem sie ein erfolgreiches Berufsleben unter anderem als Inhaberin eines gut gehenden Maklerbüros führte, eine Tochter groß gezogen hatte, alleine diverse Reisen gemacht und sich schließlich auch hier alleine über 700 Kilometer durch Spanien geschlagen hatte, machte sie nicht den Eindruck, sich nicht zurecht zu finden, aber sie gestand mir, dass sie immer entweder in großen Hotels geschlafen hatte, die durch entsprechende Schilder zu finden waren in richtig großen Städten und dann dementsprechend teuer waren oder dass sie anhand der gelben Pfade die Herbergen gefunden hatte. Von Pensionen und Hostals hatte sie nie gehört und hatte sie nie gefunden und war dann auch ganz erstaunt, als ich genau so etwas suchte und nach kurzer Zeit auch fand. Besonders angenehm fand sie den Preis (soweit ich mich erinnere, waren es 20,- €, vielleicht sogar nur 15 pro Einzelzimmer, das erinnere ich nicht mehr genau) Die Pension war modern, die Zimmer praktisch, die Bäder groß und das Wasser wunderbar war, außerdem gab es einen Heizungsraum, wo wir unsere nassen Sachen trocknen konnten (selbst die Schuhe waren am nächsten Morgen fast trocken). Das einzige, was fehlte, war die Bar direkt um die Ecke für das Abendessen und das Frühstück am nächsten Morgen, aber die würden wir am Weg finden – und nach einer reichlichen Pause zum Trocknen und Aufwärmen zogen wir dann auch los und konnten uns dann im Ausgehzentrum des Orts auf eine Pizzeria einigen, wo wir statt spanischen Tapas dann italienische Pizza bekamen, nicht wirklich gute, aber eine willkommene Abwechslung zu Brot, Käse und Äpfeln, von denen ich die vergangene Zeit gelebt hatte.
Müde, wie sich das für Pilger gehört, die morgens früh aufstehen um die Hähne aus den Federn zu jagen, waren wir wohl beide rechtschaffen müde und gingen bald in unsere Pension zurück. Ich schlief wohl sofort ein, nachdem ich in mein Zimmer gekommen war. Und ausnahmsweise schlief ich wohl auch ein, ohne mir den Wecker auf eine bestimmte Zeit zu stellen, die morgige Etappe wäre so kurz, dass es egal war, wann ich aufstünde.

Strecke: 28 Kilometer, hügelig von 600 auf 300 herab.
Wetter: mal stärkerer, mal weniger starker Regen, übertrieben nass und frustrierend
allgemeine Befindlichkeit: gut, trotz des Regens!

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